Labbadias Rundumschlag zur Unzeit.
Worum geht es eigentlich?
Es geht um Macht, der emsige Coach Bruno Labbadia musste in Leverkusen lernen, dass Rudi Völler und Michael Reschke die personellen Leitlinien definieren - in Tradition des Patriarchen Calmund.
Die Leverkusener Mannschaft, der laut Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser "besten Bayer-Mannschaft seit drei, vier Jahren", ist primär das Werk von Michael Reschke (Hintergrundinfos unter: Michael Reschke-Thread )
Die Mannschaft ist sehr jung, zeitweise, wie in Wolfsburg hatte Kapitän Rolfes im Mittelfeld zwei 21-Jährige (Vidal, Renato Augusto) und einen 19-Jährigen (Kroos) zur Seite. In der Abwehrkette ist Friedrich 29-jährig bei weitem der Älteste.
Labbadia hätte dem Kader im vergangenen Sommer gerne etwas mehr Erfahrung hinzugefügt, er hätte ohnehin gerne mehr Einfluss auf die Gestaltung des Teams genommen, so wie er es u.a. aus seiner Zeit als Trainermanager beim Zweitligsten SpVgg Fürth gewohnt war „In Darmstadt und Fürth habe ich jeweils den kompletten Kader zusammengestellt“.
Aber das hat ihm Bayer verwehrt, voran die Sportchefs Rudi Völler und Michael Reschke, dahinter der Stab alteingesessener, einflussreicher Bayer-Leute:
Ulf Kirsten, Jürgen Gelsdorf, Norbert Ziegler.
Im Gegenzug wehrt sich der Bundesliga-Trainerneuling Bruno Labbadia dagegen, über seine Auffassungen von Training, Taktik und Personalführung zu diskutieren.
Labbadia hat das Ziel, dass irgendwann ein Verein komplett Seine Ideen umsetzt. Zitat: „In Hoffenheim gibt es keine Alt-Internationalen, keine Strömungen, man kann alles verändern. Wenn Sie Ralf Rangnick fragen, könnte ich mir vorstellen, dass er Ihnen sagt, dass Tradition heute auch ein Problem sein kann“.
Und auch zum Stellenwert des Trainers äußert sich Labbadia: „Es macht mich traurig, dass bei uns ein unglaublich erfolgreicher Coach wie Ottmar Hitzfeld in München nach vier oder fünf Jahren als verbraucht bezeichnet wird, nur weil es mal nicht so gut läuft. Alex Ferguson und Arsène Wenger erleben das in Manchester oder bei Arsenal auch immer wieder. Nur wird dort dann eben die Mannschaft statt des Trainers erneuert und damit stellten sich auch wieder die Erfolge ein. Der Stellenwert des Trainers sollte in Deutschland meines Erachtens größer werden“.
Labbadia ist ein besessener, vielleicht sogar getriebener, einer, der nach dem Samstagspiel, abends in den Flieger steigt um sich irgendwo in Europa den nächsten potentiellen Gegner anzuschauen.
„Freunde werden vernachlässigt, die Familie kommt zu kurz. Ich muss mich immer wieder erinnern, dass das nicht passieren darf. Ich würde gern öfter einfach nach Hause kommen, mit meinen Kindern was machen, mit meiner Frau einen Kaffee trinken, private Dinge aufarbeiten, profane Dinge wie Post lesen. Das bleibt alles liegen“.
Am besten lässt sich Labbadia vielleicht mit dem jungen Magath vergleichen. Damals noch von seinen Spielern als „Qälix“ und „Sadam“ beschimpft. Heute, mit mehr als 10 Jahren Erfahrung und viel Lehrgeld (Entlassungen) ein eloquenter Erfolgstrainer, der jedoch mehr denn je, eine große Machtposition bei seinen Arbeitgebern fordert.
Es geht bei Labbadia um dessen Wirkung, um seine Methoden, seinen Ehrgeiz, seine Ansprüche und seine Beharrungskraft, die von den Wohlwollenden als Standfestigkeit, von den anderen als Sturheit bewertet wird.
Die Spieler erleben den 43-Jährigen, der in der Öffentlichkeit professionell und gewinnend auftritt, bei der Arbeit als unnachgiebig. Kapitän Rolfes etwa warb bei seinem Chef vergeblich darum, dass ihm im defensiven Mittelfeld ein Partner zur Seite gestellt wird.
Es gibt aus dem Spielerkreis auch Klagen über das harte Training, über Sitzungen und Video-Lehrstunden, in denen der Coach angeblich mit "nervender Akribie" zur Sache geht.
FAZIT:
Das Tischtuch ist zerschnitten, den Machtkampf kann Labbadia nicht gewinnen. Er wird in Leverkusen nicht mit der gewünschten Machtfülle (wie in Fürth) ausgestattet werden. Ein junger Trainer, der noch viel lernen muss und eine junge Mannschaft – zuviel der Jugend.
Und nochmals zum "Süddeutsche-Interview": Genau das, was der Bayer-Trainer von seinen Spielern forderte, nämlich mehr Disziplin und eine bessere Einstellung, hätte auch ihm gut getan. Deshalb ist Labbadia der größte Verlierer des DFB-Pokal-Finales.
Schade nur: In Berlin hätten Völler und Kirsten kurzfristig für das eine Spiel den Trainerposten übernehmen sollen. Das Duo wäre m. E. in der Lage gewesen die Mannschaft „zu befreien“ und die vielleicht entscheidenden Prozentpunkte mehr herauszukitzeln.
01.06.2009 by SUSPIDO (Quellen: u.a. Süddeutsche & Spiegel)