Hoffenheim - Realität, Mythen und Legenden
Episode 1:
"Aus tiefer Verbundenheit mit meinem Geburtsort Hoffenheim und meinem Heimatclub, der TSG, bei der ich selbst lange gespielt habe, fördere ich diesen Verein."
Seit 1990 fördert der in Heidelberg geborene Herr Hopp seinem Heimatverein, die TSG aus Hoffenheim, bei der er selbst als Linksaußen gespielt hatte. Beginn der finanziellen Förderung war der Abstieg der TSG von der Bezirksliga in die A-Klasse. Im darauffolgenden Jahrzehnt schaffte die TSG den Durchmarsch in die Regionalliga. Grundlage war die Verpflichtung von jungen Spielern aus der Region.
Doch über die Regionalliga kam die ambitionierte TSG nicht hinaus, der rasante Aufstieg war gestoppt. Die TSG konnte sich in der Drittklassigkeit etablieren, kam aber trotz zahlreicher Trainerwechsel und auch der Verpflichtung von ehemaligen Bundesligaprofis nicht darüber hinaus.
Doch nun schien Mäzen Dietmar Hopp das "Projekt", wie er es nennt, nämlich Profifußball in der "Rhein-Neckar-Metropolregion" nicht mehr schnell genug zu gehen. Der unterstützende Förderverein dieses Projekt plädierte im Folgenden für eine Konzentrierung der finanziellen Mittel auf den Traditionsklub Waldhof Mannheim. Waldhof war also als Bundesligastandort der Region auserkoren, nicht Hoffenheim. Hopp opponierte aus Schärfste dagegen, unter anderem mit dem Plan, zur Bündelung der Kräfte in der Region die Lokalrivalen TSG Hoffenheim, FC Astoria Walldorf und SV Sandhausen zu einem FC Kurpfalz Heidelberg zu fusionieren und damit einen Retortenklub zu schaffen. Diese Vereine wollten sich aber nicht kaufen lassen und widersetzten sich diesem Plan. Erst seit diesem Zeitpunkt betrieb Hopp energisch den Aufstieg der TSG in die Bundesliga. So viel zur tiefgehenden Verbundenheit mit seinem Heimatklub, der beim Förderverein gar nicht zur Wahl stand, bei Hopp nur zweite Wahl war, denn ein Klub in Heidelberg ließe sich ja besser verkaufen.
Um etwas Tradition zu erwecken und das altgebackene TSG in den Hintergrund rücken zu lassen, wurde dann der TSG, quasi als Zeichen des "Neu"aufbruchs, der Namenszusatz 1899 gegeben.
Episode 2: "Die Metropolregion Rhein-Neckar soll Bundesligafußball haben und Hoffenheim ist der Verein der Metropolregion."
Die "Metropolregion" wie sie so schön heißt, hatte lange Jahre mit Waldhof Mannheim und SV Darmstadt Bundesligafußball. Von Zentrum Mannheim sind bekannte und gewachsene Bundesligaklubs wie der 1. FC Kaiserslautern, der Karlsruher SC, FSV Mainz, Eintracht Frankfurt nur unwesentlich weiter entfernt als Hoffenheim.
Hoffenheim ist der Fußballklub von Hoffenheim, der von Hopp und Sponsoren aus der "Rhein-Neckar-Metropolregion", die Hopp kennen, unterstützt wird.
Episode 3: "Wir befinden uns etattechnisch auf einer Stufe mit Energie Cottbus" - Die Finanzen
Was für eine sinnlose und dreiste Lüge.
Schindelmeister hat selbst zugeben müssen, dass das aktuelle Gehaltsbudget der TSG in etwa dem Gesamtetat von Energie Cottbus entspräche. Nach der Vertragsverlängerung mit Salihovic dürfte also das Gehaltsbudget der TSG den Gesamtetat von Energie Cottbus deutlich überschreiten. Unabhängig davon wird der Personalaufwand der TSG in naher Zeit sich explosionartig steigern, sobald es an die Vertragsverlängerungen geht. Soviel zu den Gehältern, die Heerscharen von Betreuern, Scouts und Jugendtrainer machen das aber sicherlich umsonst, weil sie ja so gut sind und die TSG ein solch tolles Projekt ist.
In den letzten beiden Saisons verstärkte sich die TSG durch Transferausgaben in einer Höhe von 30 Millionen Euro. Unter anderem war da Carlos Eduardo aus Gremio dabei, der Rekordtransfer der 2. Ligageschichte, ein vielversprechendes Talent, das für 7 Millionen zu einem Zweitligaaufsteiger ins ferne Deutschland wechselte. Wer meint, dass bei einer solchen Summe keine anderen Klubs auf diesen Spieler aufmerksam geworden sind oder denkt, dass Carlos Eduardo aus Spaß an der Freude ins Dorf wechselte und dabei gehaltstechnisch bessere Angebote ausschlug, möge sich bitte melden. Diese Transferausgaben in Höhe von 30 Millionen war Nettotransferausgaben, sie wurden durch keinerlei zu Buche schlagende Spielerverkäufe gedeckt. Lediglich der Rekordmeister weist dank des Kraftaktes 2007/08 ein etwas höheres Nettotransferdezifit über die letzten zwei Jahre auf, es sind ziemlich genau 2 Millionen mehr an Ausgaben.
Also spielt Hoffenheim wohl auch transfertechnisch in der Spitzengruppe des Bundesliga. Wahrscheinlich aufgrund der exorbitant hohen Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge und über Jahre gewachsene Partnerschaften mit Sponsoren. Rechnet man noch das bald fertiggestellte Stadion dazu, das mit 60 Mio. veranschlagt ist, so ergeben sich alleine daraus knapp 100 Mio. an Ausgaben. Dazu kommen noch horrende Infrastrukturausgaben, vor allem für das neue Trainingszentrum in Zuzenhausen (wieso eigentlich nicht in Hoffenheim?), Ausgaben für Jugendabteilungen, etc pp. Insgesamt werden die Kosten der TSG auf ca. 200 Millionen Euro beziffert, die von Hopp getragen werden.
Episode 4: "Die Neuerfindung der Jugendarbeit"
Klingt richtig euphorisch die Überschrift. Schließlich ist die TSG ja schon B-Junioren-Meister geworden und hat gut spielende Jugendmannschaften. Nach dem Wie fragt aber so gut wie niemand. Keinesfalls überraschend, denn um sich damit schmücken zu können, wurden die besten Jugendspieler der umliegenden Vereine, die über Jahrzehnte sich der Jugendarbeit verschrieben haben, unter Bruch des Ehrenkodexes mit horrenden Gehältern nach Hoffenheim gelockt. Dass Jugendtrainer der TSG die Jugendspieler in ihren Sportstunden in der Schule besuchen kommen und mit ihenen eigene Übungen machen, ist natürlich vorbildlich, und dazu wohl auch noch kostenlos...
Für die erste Mannschaft scheinen die eigenen Talente aus der Umgebung wiederum nicht gut genug zu sein, da wird dann lieber auf Neuzugänge aus Brasilien und Afrika gesetzt - verständlicherweise.
Episode 5: "Das Scouting oder die Ibisevic-Lüge"
Derzeit wird überall das Scouting der TSG in den Himmel gelobt. Und das Scouting ist auch sehr gut und berechtigt zu diesen Lobeshymnen. Die TSG hat sehr viele sehr gute Scouts fest angestellt, die der TSG dann eben Spieler wie Chinedu Edu, Demba Ba und Carlos Eduardo bescheren.
So weit so gut, allerdings geht natürlich auch diese Art von Scouting-Arbeit mit hohen Kosten Hand in Hand, die man aber natürlich nicht zugeben will, denn Episode 3, man hat ja den Etat von Energie-Cottbus. Und hier kommt dann die verdammt clevere "Ibisevic-Lüge" hervor. Man rühmt sich mit tollen Spielern, die die eigenen Scouts von Nebenan gesichtet haben und kaum etwas kosteten.
Zu Vedad Ibisevic:
Vedad Ibisevic hat die TSG für 1 Million Euro bei Allemania Aachen gekauft. Heute wird er als Schnäppchen verkauft, dessen Qualitäten die Aachener nicht erkannt hätten. Das Gegenteil ist der Fall: Ibisevic schaffte in der Rückrunde in der Bundesligasaison 2006/07 mit Allemania Aachen und schoss die für einen Absteiger beachtliche Summe von 6 Toren in recht kurzer Spielzeit. Dieser Spieler, den Aachen halten wollte, wurde dann als Entdeckung eines verborgenen Talents verkauft und wird bis heute verkauft mit der Begründung, dass jeder Drittligist Ibisevic hätte bekommen können. So ein Schwachsinn.
Episode 6: Warum eigentlich Episode 1 - 5?
Ich will auch noch kurz ein Wort über die mediale Berichterstattung über dieses "Projekt" verlieren. Die Zeitungen überschlagen sich in gegenseitigen Jubelshymnen über das zweifellos gute Konzept der Milliadärsklub.
Fallen einmal kritische Stimmen wie ein Kommentar im Tagesspiegel, so wird kurzerhand mit einem Schreiben des Pressesprechers der TSG ganz jovial mitgeteilt, der Tagesspiegel solle doch keine weiteren Einladungen zur Berichterstattung erwarten. Böse Zungen bringen diese dermaßen unkritische Berichterstattung weiter Teile der Presselandschaft, vor allem der Boulevardmedien, ja damit in Verbindung, dass der Trikotsponsor der Hoffenheimer, TV Digital, Teil des Axel-Springer-Konsortiums ist.
Und auch noch ein kurzes Wort über die Verbindungen zwischen DFB und Hoffenheim. Auch vom DFB wird das Projekt Hoffenheim ja bei jeder Möglichkeit in den Himmel gelobt. Als Dietmar Hopp durch ein wirklich unsägliches und völlig danebenes Plakat der Dortmunderfans mit Hopps Gesicht - unterlegt von einem Fadenkreuz und einem Zitat aus einem Schwarzenegger-Film "Hasta la vista-Hopp" - bedroht wurde, nahm man das zum Anlass, eine spezielle Lex Hopp zu erlassen, worunter man nicht nur Drohungen sondern aller Hand mögliche Beleidigungen fasste, da man meinte, man müsse jetzt auch gegen so etwas im Stadion vorgehen. Da fragt man sich doch, wieso kommt der DFB ausgerechnet jetzt auf diese Idee? Uli Hoeneß und Oliver Kahn durften sich über Jahrezehnte aufs Übelste beschimpfen lassen, ein Gerald Asamoah, immerhin ein deutscher Nationalspieler, durfte sich Affengeräusche aus dem Urwald anhören und und und, und der DFB blieb leise und tatenlos.
Auch hier sehen böse Zungen ja den Grund darin, dass sich DFB-Chef Zwanzigers Sohn Ralf als Manager der Frauenfußball-Mannschaft der TSG Hoffenheim verdingen darf.
Anmerkung: Ich will keineswegs irgendwelche Leistungen schmälern. Ich erstatt hiermit den Hoffenheimern meinen Respekt für gute Arbeit ab, allerdings wollte ich doch mal mit einigen Legenden aufräumen. Respektieren muss man die Hoffenheimer, mögen muss man sie nicht.
http://www.transfermarkt.de/de/forum/10/....html&p=66