Zitat
Original von doktormarius
Genau das hatte ich im Kopf. Und das ist wohl leider auch der (gute) Grund warum es so schnell kein anderer Profi tut. egal in welcher Liga, in welchem Land...
Damals war seine Orientierung gar nicht das Problem, sondern, dass er die ganze Story verkauft hat, Sachen dazu erfunden hat usw. Er hat eine Menge Fehler gemacht und dafür mit seinem Leben bezahlt, nicht gerade das Paradebeispiel für so ein Outing
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Das tödliche Bekenntnis von Justin Fashanu
Von Wolfgang Raml, FreundInnen der Friedhofstribüne
Der Engländer bekannte sich als erster und bisher einziger Fußballprofi offen zu seiner Homosexualität – und zahlte dafür mit seinem Leben. Fashanu erfüllt 1979 alle Voraussetzungen für eine große Karriere: Ein spektakuläres Tor für Norwich City macht ihn auf der Insel über Nacht berühmt, Nottingham Forest bezahlt für seinen Wechsel 1981 eine Million Pfund - die bis dahin höchste Transfersumme für einen farbigen Fußballer. Und Fashanu macht nicht nur auf dem Rasen gute Figur. Er ist intelligent, kann sich gut ausdrücken und hat Charme – heute würde man sagen: Er ist in höchstem Maße medienkompatibel.
Abstieg
Nottinghams Teammanager Brian Clough gefällt das nicht, er lässt den Spieler deshalb früh seine Abneigung spüren. Als man Clough erzählt, Fashanu sei in der Homosexuellenszene unterwegs, wirft er ihn aus der Mannschaft. Fashanu trainiert gegen des Managers Willen bei der Reserve weiter, bis ihn Clough von der Polizei vom Gelände führen lässt.
Es beginnt eine Odyssee durch Englands Ligen, wobei der Weg stetig nach unten führt. Auch weil sich Fashanu 1983 eine Knieverletzung zuzieht, nach der er nie mehr an seine vorherigen sportlichen Leistungen anknüpfen kann. 1985 geht er nach Nordamerika und versucht sich in Kanada und den USA als Spieler und Trainer. Sein Leben nimmt schizophrene Züge an. Er schließt sich den wiedergeborenen Christen an, geißelt die Fleischeslust – und betreibt zur selben Zeit eine Schwulenbar. 1989 kehrt er nach England zurück, spielt kurz für Manchester City, dann für West Ham United.
Outing
1990 trifft er eine Entscheidung, die sein Leben endgültig verändert: Für 80.000 Pfund verkauft er der Boulevardzeitung Sun die Schlagzeile: "Ich bin schwul." Sein Bruder John, ebenfalls Profifußballer, hat ihn bekniet, es nicht zu tun, ihm sogar dieselbe Summe geboten, wenn er den Deal mit der Sun zurückzieht. Justin Fashanu wollte nicht. "Ich dachte, wenn ich mich in der schlimmsten Zeitung oute und dann stark bleibe, gäbe es nichts mehr, was noch zu sagen wäre." Er hat noch einiges zu sagen. Dem Outing folgen zahlreiche Geschichten in Boulevardzeitungen. Er brüstet sich damit, Sex mit Spielerkollegen, Fernsehstars und Parlamentsabgeordneten gehabt zu haben. Einiges davon stellt sich als erfunden heraus, Freunde wenden sich ab, auf der Insel findet er keinen neuen Verein mehr.
Namen für 300.000 Pfund
Er geht wieder nach Nordamerika, kehrt 1993 zurück und heuert beim schottischen Verein Heart of Midlothian an. Dessen Fans schäumen in lokalen Leserbriefspalten. Fashanu gibt sich unbeeindruckt. Seine Vita beschert ihm hohe Aufmerksamkeit, er tingelt durch Talkshows und versucht, weitere Geschichten aus seinem Leben zu verkaufen. Der Zeitung The People will er für 300.000 Pfund die Namen von zwei Abgeordneten nennen, mit denen er Sex gehabt habe; das Blatt findet heraus, dass nichts an der Geschichte dran ist und erzählt dies seinen Lesern. Im Fernsehen gibt Fashanu zu, gelogen zu haben, um an leichtes Geld zu kommen. Die Hearts feuern ihn, weil er sich nicht wie ein professioneller Fußballer verhalte. Fashanu wechselt erneut mehrfach den Wohnort und findet im Februar 1998 eine Anstellung als Jugendtrainer in Ellicott City im US-Bundesstaat Maryland. Knapp zwei Monate später beschuldigt ein 17-Jähriger den Coach, ihn nach einem Saufgelage in Fashanus Haus sexuell missbraucht zu haben. Nach einer ersten Befragung durch einen Polizisten reist Fashanu nach England zurück. Unter dem Mädchennamen seiner Mutter taucht er unter.
Untergetaucht
Er nimmt Kontakt zu früheren Freunden auf und schreibt einen Brief, der Monate nach seinem Tod in einer BBC-Dokumentation veröffentlicht wird: "Wenn irgend jemand diese Notiz findet, bin ich hoffentlich nicht mehr da. Schwul und eine Person des öffentlichen Lebens zu sein, ist hart. Ich will sagen, dass ich den Jungen nicht vergewaltigt habe. Er hatte bereitwillig Sex mit mir, doch am nächsten Tag verlangte er Geld. Als ich nein sagte, sagte er: Warte nur ab! Wenn das so ist, höre ich euch sagen, warum bin ich dann weggerannt? Nun, nicht immer ist die Justiz gerecht. Ich fühlte, dass ich wegen meiner Homosexualität kein faires Verfahren bekommen würde. Ihr wisst, wie das ist, wenn man in Panik gerät. Bevor ich meinen Freunden und meiner Familie weiteres Unglück zufüge, will ich lieber sterben."
Letzter Ausweg
Am 2. Mai 1998 fand man Justin Fashanu erhängt in einer Garage im Londoner Stadtteil Shoreditch. Der 37-Jährige hatte seinem Leben ein Ende gesetzt, nachdem er tags zuvor erfahren hatte, er werde mit internationalem Haftbefehl gesucht. Es war das tödliche Ende seines Outings als schwuler Profifußballer. Er war der erste und bisher einzige, der diesen Schritt gewagt hat. Die Meldung, er werde mit internationalem Haftbefehl gesucht, die Justin Fashanu wohl den letzten Anstoß zum Selbstmord gab, stellte sich später als falsch heraus.