War hier jemand gestern beim "Talk am Sonntag" in der Evangelischen Kirchengemeinde in Steinbüchel mit Holzhäuser?
War ganz interessant, Holzhäuser kam ganz sympathisch rüber, erzählte über seinen Werdegang beim DFB und seine Zeit bei Bayer 04. Ich fasse mal die - ganz subjektiv betrachtet - wichtigsten Punkte zusammen, vielleicht interessiert's ja jemanden: Nach seinem Studium habe er sich bei Etr. Frankfurt, Kickers Offenbach, dem Hessischen Fußballverband und dem DFB beworben - zweimal keine Antwort, eine Absage (Kickers) und eine Karriere beim DFB folgten. Mehrfach nennt er Wilfried Straub als denjenigen, der ihn damals gefördert habe. Selbst aktiv gespielt habe er mehr Handball denn Fußball. Bei Bayer habe es mit Calmund zwar ab und zu mal Probleme gegeben, eigentlich hätten sie sich aber immer gut ergänzt. Calmund sei damals nicht aus dem Verein gedrängt worden, Calmund selbst habe bereits unmittelbar nach der Horrorsaison 02/03 diese Entscheidung getroffen. Aber es sei, merkte Holzhäuser an, nachdem Calmund gegangen ist, nicht leicht gewesen, alle Angestellten hinter sich zu bringen, zumal viele jahrelang mit Calli gearbeitet haben, und natürlich habe es dann auch "zwei, drei Umbesetzungen geben müssen" - das sei nunmal so.
Er berichtete auch vom Einfluss des Geldes auf den sportlichen Erfolg: Je mehr Geld man bezahle, desto größer sei der Erfolg - im Prinzip ganz einfach. Deshalb sei der FC Bayern eben auch das Maß der Dinge in Deutschland - sie zahlen die mit Abstand besten Gehälter. Noch in seiner Funktion beim DFB (bzw. bei der DFL) habe er einst Gerd Niebaum und Michael Meier vom BVB wiederholt mahnend erläutert, dass sie nicht sehr solide wirtschaften würden. In dieser Zeit sei der BVB zweimal Deutscher Meister, Champions League- und obendrein Weltpokal-Sieger geworden, Zitat: "Da hat da kein Hahn nach gekräht." Sein Resumee: Im Sport sei der sportliche Erfolg das, was in anderen Wirtschaftsunternehmen der "cash flow" sei. Natürlich durfte die Frage nicht fehlen, ob diese Geldsummen, die im Profifußball umgesetzt würden - ob das alles nicht irgendwie an Unmoral grenze. Holzhäuser lapidar: "Das ist nunmal so - entweder man akzeptiert es. Oder man lässt es", ändern könne man das eh nicht.
Das leitete gut zum aktuellen Geschehen über: er selber verhandele nicht mit den Spielern bzw. deren ("mal mehr, mal weniger seriösen") Beratern, das falle anderen Leuten zu, etwa Michael Reschke. Er behalte sich aber vor, bei den letzten, entscheidenden Verhandlungen dabei zu sein und dann ggf. auch den "bad boy" (Zitat) zu spielen. Wo er aktuell den "bad boy" spielen muss, deutete er auch mehrfach und ungefragt an: Er sei sicher, er würde großes Staunen auslösen, verriete er, was ein Arturo Vidal aktuell verlange für einen neuen Vertrag. Der spreche natürlich auch mit seinen Nationalmannschaftskollegen, von denen einer (die namen habe ich nicht verstanden) etwa bei Eindhoven spiele, die tauschten sich natürlich aus, "und nicht nur unter der Dusche". So komme dann eine solche Gehaltsvorstellung zustande, zumal nach einer so starken Saison. Vidal sei nunmal "ein stolzer Südamerikaner, so benimmt er sich und so möchte er auch behandelt werden". Aber zwischen dem, was er und sein Berater verlange, und dem, was Bayer 04 zahlen kann und will, sei derzeit eben doch eine zu große Differenz. Daher sei es durchaus eine Überlegung, mit einer guten Ablöse den übrigen Kader (der sei schließlich auch "ganz schön kostspielig") zu finanzieren und ggf. zu verstärken. Er merkte auch an, dass, als zuletzt über eine vorzeitige Verlängerung von Vidals Vertrag nachgedacht wurde (vermutlich vor einem Jahr?), es um eine Million gegangen sei, verteilt auf vier Jahre. "Damals war er aber auch nocht nicht so stark wie jetzt", erläuterte etwas entschuldigend. Damit verbunden habe man auch die 30% Transferrechte, die noch bei Colo Colo liegen, erwerben wollen, Colo Colo habe aber dankend abgelehnt.
Ob Fußballspieler alles Diven seien, lautete dann eine Frage, Antwort: nicht alle, aber manche vielleicht. Aber der Medienzirkus mache sie eben auch zu Diven, behandele sie so, da solle man sich nicht wundern, wenn sie sich dann auch so benehmen. Aber, und hier bricht er eine Lanze für da aktuelle Team, die derzeitige Mannschaft sei da ganz hervorragend und sehr entspannt - "das war nicht immer so harmonisch bei Bayer 04, seitdem ich hier dabei bin". Im Jahr der Frauen-Fußball-WM ging es natürlich auch um dieses Thema: Er glaube, dass der derzeitige Hype um den Frauenfußball nach der WM wieder auf ein Normalmaß zurückgehe - und das sei auch nicht so tragisch. Sicher werde die WM - "wenn das Wetter mitspielt" - eine tolle Sache. Aber Frauenfußball sei nunmal "eine andere Sportart" als Herrenfußball. Wer das verstehe, der könne dem Sport auch etwas abgewinnen. Mit der Bayer-Frauen-Mannschaft und Trainerin Doreen Meier sei er sehr zufrieden, weil auch hier - wie bei den Männern - besonders auf junge, talentierte Spieler gesetzt werde. Man habe sich zur Eingliederung der Frauenmannschaft damals entschieden, weil das der Wunsch der Bayer AG gewesen sei - eben mit Blick auf die WM und die BayArena als möglichen Spielort. Er habe damals angemerkt, dass das aber kostspielig sein würde. Dann solle er halt mal zeigen, was er könne, sei ihm entgegnet worden. Jetzt habe man die Frauen-Mannschaft, "jetzt werden wir sie nicht mehr los" - sprach's, und schob dann eiligst hinterher: "Aber das wollen wir auch gar nicht."
Auch zu Heynckes äußerte er sich: der sei, wenn man alles gegeneinander aufrechne, der beste Trainer, seit er Geschäftsführer bei Bayer 04 ist (er nannte noch Skibbe, der damals "perfekt gepasst" habe). Er habe überdies nicht den geringsten Zweifel, dass Heynckes seinen Job in Leverkusen ungeachtet seines Wechsels nach München bestens zu Ende bringen werde. Natürlich werde er auch bis Saisonende Trainer bleiben, "Stand heute", schob er augenzwinkernd hinterher, "im Fußballgeschäft weiß man nie so genau". Ach ja, und dann mutmaßte er noch, warum Heynckes im Januar entgegen den vorherigen Vereinbarungen dann doch nicht seinen Vertrag verlängert habe: man könne eben nicht ausschließen, dass er in der Winterpause mit Hoeneß telefoniert habe und der ihm geraten habe, er solle doch besser erstmal abwarten, wie sich die Situation bei den Bayern entwickele, bevor er bei uns den Vertrag verlängere.
Und dann war da noch die Frage nach Riten, die er vor Spielen vollziehe: Derer fröne er einigen - ich erinnere, dass er Armbanduhren nur nach Niederlagen wechsele (persönliche Anmerkung: schön, wer's sich leisten kann), und ziehe zu Spielen immer bestimmte Kontaktlinsen an. Und da waren noch weitere ein, zwei eigenartige Angewohnheiten, mit denen er dem Glück auf die Sprünge zu helfen versucht. Und wenn er mal kein Geschäftsführer eines Fußballvereins mehr sein wolle, so die letzte Frage - dann wolle er als Fan von Jazzmusik und italienischen Rotweinen irgendwo eine Enoteca aufmachen, in der im Hintergrund leise Jazzmusik läuft...
Fazit: War ein interessantes Gespräch, in dem - obschon die Person Wolfgang Holzhäuser im Mittelpunkt stand - auch das aktuelle Geschehen bei Bayer 04 ausführlich zur Sprache kam.