Leverkusen: Gelingt der Karrieresprung?
Labbadia: So tickt er. So arbeitet er.
Bruno Labbadia (42) ist in der Bundesliga angekommen. Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler hat den ehemaligen Bundesliga-Profi und damit auch seinen "Kandidaten Nummer eins" von Zweitligist SpVgg Greuther Fürth unters Bayer-Kreuz gelotst: Für zwei Jahre hat der ehrgeizige und "detailversessene" Trainer bei den Rheinländern unterschrieben. Eine Karriere mit Plan.
Als der Anruf aus Leverkusen kam, war es um Bruno Labbadia geschehen. Das Engelchen auf der linken Schulter soufflierte ihm, er solle Fürth auch wegen der Verbundenheit zu SpVgg-Präsident Helmut Hack treu bleiben. Auf der anderen Seite schrie ihm das Teufelchen lauthals ins Ohr: "So eine Chance kommt vielleicht nie mehr!" Also packte Labbadia zu. Denn neben "Feuer und Besessenheit", die Bayers Sportdirektor Rudi Völler an Leverkusens "Kandidaten Nummer eins" begeisterte, steht Labbadia noch für ein anderes Attribut: Ehrgeiz. "Bayer", sagt Labbadia, "ist für mich eine sehr interessante Aufgabe. Und der nächste Schritt, den ich machen wollte." Eben den Schritt in die Bundesliga.
Die Frage, ob es passt zwischen Bayer und dem neuen Chefcoach, stellt sich weder für Völler ("Die absolut richtige Wahl") noch für Labbadia. Schließlich achtete er bei der Wahl seines Arbeitgebers genau auf Struktur, Umfeld und Mannschaft. "Nicht nur ich passe in Bayers Profil", stellt Labbadia klar, "Bayer passt auch in mein Profil." Weil Labbadia wie in Fürth eine junge Mannschaft vorfindet, die zudem aus vielen deutschen Spielern besteht. Weil sich die Spielweisen beider Teams ähneln, Offensive, Pressing, Tempo-Fußball. So scheint Labbadia und seinem Assistenten Eddy Sözer die Aufgabe bei Bayer wie auf den Leib geschneidert. Bei der SpVgg hat er bewiesen, dass er eine junge Truppe führen kann, sie fußballerisch besser macht, sie topmotiviert und das Potenzial optimal ausreizt. "Er hat bei Greuther Fürth mit bescheidenen Mitteln teilweise hervorragenden Fußball spielen lassen", lobt Völler. Fürths Daniel Felgenhauer sagt: "Er hat uns weiterentwickelt. Intensives Training, intensive Einheiten, nichts wurde dem Zufall überlassen."
Labbadia charakterisiert sich als detailversessen. In Fürth begann die Detailarbeit mit dem ersten Trainingstag, als seine Spieler den Neun-Stunden-Tag mit drei intensiven Einheiten kennenlernten. Und ging einher mit einer beispiellosen Sichtungstour. Nicht selten kehrte Labbadia in der Schlussphase der Saison von Auswärtsspielen in der Nacht zurück, um sich zwei Stunden später in den ersten Flieger gen Osten zu setzen und dort am Tag bis zu vier Spiele anzuschauen. Das eigene Training verpasste er trotzdem nie. Im Umgang mit seinen Spielern ist Labbadia alles andere als ein Kumpeltyp. Das "Du" kommt für ihn nicht infrage, eine gewisse Distanz pflegt er bewusst. "Aber ich weiß auch, wann ich die Nähe zu den Spielern suche", sagt er. Seine Ansprache gegenüber dem Team, aber mehr noch gegenüber dem Einzelnen, ist schonungslos offen. "Die Zusammenarbeit war immer ehrlich", sagt Fürths Bernd Nehrig. Stärken der Spieler hebt er in Einzelgesprächen massiv hervor, um ebenso die Defizite messerscharf aufzuzeigen. Dazu gibt es immer einen Fahrplan, wie diese Mängel zu beheben sind und welche Entwicklungsschritte er erwartet.
In Fürth stürzte ihn diese Erwartungshaltung bisweilen in pure Verzweiflung, weil er als Perfektionist Qualitäten einforderte, die einzelne Spieler nicht oder nicht auf Dauer zeigen konnten. In Leverkusen kann der frühere Klasse-Stürmer seinen ausgeprägten Offensivstil noch mehr ausleben.
Jan Lustig, Frank Lussem und Bernd Staib
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