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    Bayer Leverkusen ist die Attraktion dieser Saison. SPORT BILD verrät, was Trainer Jupp Heynckes alles veränderte - und warum es so gut läuft


    Von Timo Prüfig


    Sein 883. Bundesliga-Auftritt, der 514. als Trainer, war einer der entspanntesten für Jupp Heynckes. Mit dem lockeren 4:0 gegen den 1. FC Nürnberg eroberte Bayer die Tabellenspitze. SPORT BILD erklärt zehn Gründe für den überraschenden Erfolg:


    (1) Jupp Heynckes:
    Der 64-jährige begeistert die Spieler. „Er ist der Trainer, den das Team damals gebraucht hat“, sagt Boss Holzhäuser: Ein erfahrener Mann nach Skibbe (44) und Labbadia (43). Heynckes führt viele Einzelgespräche, redet die Profis stark - auch Ersatzspieler. In der Kabine änderte er die Sitzordnung. So sitzt sich das Duo Kießling/Derdiyok gegenüber, die Jüngeren sitzen neben Erfahrenen. Zudem sorgte Heynckes dafür, dass sich die Spieler an Trainingstagen mit zwei Einheiten mittags im Stadionhotel Lindner ausruhen können.


    (2) Die Transfers:
    Mit dem ablösefreien Finnen Sami Hyypiä (36) schnappte sich Bayer ein Verteidiger-Urgestein vom FC Liverpool. Daniel Schwaab (21) aus Freiburg und Lars Bender (20) von 1860 München werden aufgebaut. Und der Schweizer Stürmer Eren Derdiyok (21), der bereits vier Treffer erzielt hat, entpuppt sich als Glücksgriff. Zusammen kosteten die drei nur rund 6,5 Mio. Euro.


    (3) Die Taktik:
    Heynckes führte die Doppel-Sechs mit zwei Mann vor der Abwehrkette wieder ein. Kapitän Simon Rolfes (27) und der Chilene Arturo Vidal (22) sind zugleich Abräumer und Spielmacher. Dadurch wird nicht nur die Defensive gestärkt (erst fünf Gegentore). Die beiden leiten auch die schnellen Angriffe ein, und rolfes trifft wie nie zuvor (vier Saisontore).


    (5) Das Stadion:
    Im Sommer wurde die ausgebaute BayArena (30210 Plätze) eingeweiht - dort ist der Klub noch ohne Niederlage, obwohl im Schnitt 2500 Plätze frei bleiben. Ganz anders war es in der Rückrunde der vorigen Saison: der Klub musste wegen des Umbaus in die Düsseldorfer Arena ausweichen und gewann dort nur eines von acht Ligaspielen.


    (6) Stefan Kießling:
    Der Stürmer trifft, wie er will, führt die Torschützenliste mit sechs Toren an. Dennoch bekommt der 25-Jährige keine Einladung für die Nationalelf. Holzhäuser: „Joachim Löw hat ein Problem: Er hat keine Weltklassestürmer.Er hat fünf, sechs sehr gute Stürmer, zu denen auch Stefan gehört.“


    (7) Die Mischung im Team:
    Barnetta sagt: „Der Trainer hält auch die Spieler aus der zweiten Reihe bei Laune. Hier ist niemand unzufrieden, weil alle wissen, dass sie wichtig sind.“ Das Konzept von Bayer, auf junge Spieler zu setzen und vereinzelt erfahrene dazuzuholen, geht voll auf.


    (8) Die Bodenhaftung:
    „Ich habe zwar noch nie einen solchen Start erlebt, aber auch noch nie so eine Rückrunde wie vorige Saison“, warnt Holzhäuser nach dem besten Start der Klubgeschichte. Vorige Saison holte Leverkusen nur 17 Punkte nach der Winterpause und stürzte ab. Völler: „Unser Ziel bleibt der internationale Wettbewerb.“


    (9) Keine Doppelbelastung:
    Den Europapokal verpasst und im DFB-Pokal ausgeschieden - die Bayer-Elf kann sich voll auf die Liga konzentrieren, auch wenn derzeit 13 Nationalspieler unterwegs sind. „Für die Jungs ist das ein Riesenerlebnis. Ich sehe das nicht als Nachteil, sondern als Motivationsschub“, sagt Völler.


    (10) Die finanzielle Sicherheit:
    Leverkusen hat mit Pharma-Riesen Bayer einen starken Partner. „Unabhängig von unserem Ziel können wir unser Team vorübergehend auch ohne internationalen Wettbewerb finanzieren“, sagt Holzhäuser. Der Bayer-Konzern beteiligt sich mit geschätzten zehn Millionen Euro am 30-Millionen-Etat.





    Quelle: SportBild-Printausgabe vom 07.10.09

    Mittelfeldspieler überzeugt als Ersatz für Renato Augusto und glänzt mit Pässen und Standards


    Jupp Heynckes hatte die Bedeutung der ruhenden Bälle vorausgesagt: „Leute, wir müssen Standards trainieren“, habe er unter der Woche angeordnet. Denn gegen Nürnberg hatte Leverkusens Trainer ein schwieriges Spiel erwartet, wenig Räume – und somit Freistößen und Eckbällen einen besonderen Stellenwert zugeordnet. Und tatsächlich: Schon der erste Freistoß, den Toni Kroos filigran in den linken Torwinkel zirkelte, ließ die Gäste-Defensive zerbröckeln. Kroos’ Kunstschuss – wichtig für Bayer und den Schützen selbst. Denn danach schwang sich der 19-Jährige, der für den an der Wade verletzten Renato Augusto in die Elf gekommen war, zum inspirierenden Element auf. Starke Pässe in die Tiefe, brandgefährliche Standards – das von Bayern München ausgeliehene Talent lieferte seine beste Leistung für die Werkself ab und gute Argumente für einen Stammplatz. Den hatte der Techniker in der Vorbereitung sicher, zum Saisonstart aber fiel er aus taktischen Überlegungen (Heynckes wechselte von einer Raute im Mittelfeld zu einer Doppelsechs) aus der Elf. Auch, weil Heynckes Defizite erkannt hatte. „Wir hatten vor Wochen ein langes Gespräch darüber, was er verbessern muss“, verrät der Trainer, „Toni ist ein hervorragender Fußballer, aber es gehören auch andere Dinge dazu wie Physis und Tempowechsel.“ Kroos reagierte wie gewünscht. „Der Junge hat vor allem mit dem Fitnesstrainer umfangreich gearbeitet“, lobt Heynckes, dem sich nun in der ohnehin glänzenden Offensive eine weitere Option mit Entscheiderqualitäten bietet.


    Ob Kroos aber angesichts der Konkurrenten, Tranquillo Barnetta und Renato Augusto, im offensiven Mittelfeld seinen Stammplatz findet, bleibt abzuwarten. Für Förderer Heynckes ein Luxusproblem.





    PERSONALIEN
    Renato Augusto (21, Wadenprellung) wird Mitte der Woche mit Lauf- und leichtem Balltraining beginnen. + + + Auch Michal Kadlec (24, Anriss des Syndesmosebandes) soll am Mittwoch das Lauftraining aufnehmen.





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 05.10.09

    LEVERKUSEN: Gegen Nürnberg stimmte die Mischung wieder


    ES BERICHTEN FRANK LUßEM UND STEPHAN VON NOCKS


    Die nach der vergangenen Saison den Wechsel in der sportlichen Leitung bei Bayer Leverkusen zunächst verhindern wollten und dann lauthals beklagten, sind längst still geworden. Die Spielzeit 2008/2009 dient in Leverkusen heute nur noch als schlechtes, aber warnendes Beispiel, frei nach dem
    Motto: „Freut euch nicht zu früh, konzentriert euch auf den Job!“


    Sami Hyypiä, der am Mittwoch 36 Jahre alt wird und vielen zur lebenden Legende taugt, bedachte die Jubler nach dem Nürnberg-Spiel mit einer Warnung: „Wenn du damit zufrieden bist, dass du an der Spitze stehst, dann hört es auf. Dann gewinnst du nicht mehr!“ Genau dies aber wollen sie. In zwei Wochen in Hamburg beispielsweise. So viel hat Hyypiä, der Neue aus Liverpool, auch mitbekommen: „Das wird ein großes Spiel“, prophezeit er. Und kündigt an: „Wir fahren dorthin, um zu gewinnen.“


    Vollmundig klingt dies nicht aus dem Mund des blonden Abwehrchefs, eher selbstbewusst. Der Finne verkörpert die neue Stärke der Leverkusener wie kein Zweiter. Der Absturz der vergangenen Saison wurde nicht einfach verdrängt, die Umstände zwangen zur Analyse, die, zumindest bei den Profis, Lehren nach sich zog.


    Zudem erwies sich die Verpflichtung von Jupp Heynckes (64) als Glücksgriff. Der Routinier analysierte in Ruhe mit, war in der Folge nicht darauf aus, seine Spieler ständig zu missionieren. Sein zum Dienstbeginn angekündigter Weg, ihnen gegen den Druck der Öffentlichkeit eine menschliche Komfortzone, eine angenehme Atmosphäre zu schaffen, erweist sich bislang als der richtige. Und Heynckes lobt: Den Kader, der ihm von Michael Reschke (51) und Rudi Völler (49) zusammengestellt wurde. Die Strukturen bei Bayer, die für kurze Entscheidungswege stehen. Sein Trainerteam mit Peter Hermann (57) an der Spitze. Die Scoutingtruppe. Die medizinische Abteilung. Die Zeugwarte. Die Mannschaftsbetreuer. Und, und, und: Heynckes wird nicht müde, all die einzubeziehen, die selten im Licht stehen, aber so viel zur guten Laune beitragen. Sein aktuelles Fazit: „Das alles hier in Leverkusen ist sehr homogen. Und so spielt die Mannschaft Fußball.“


    Und sie lernt! Litt bei knappen Erfolgen zuletzt der Offensivgeist, so bediente die Elf die Fans am Samstag wieder prächtig. Die Suche nach der richtigen Mischung aus defensiver Stabilität und offensivem Feuerwerk scheint fürs Erste erfolgreich gewesen zu sein. Und wenn der Rückschlag kommt? Vielleicht schon in Hamburg? „Dann stehen wir wieder auf“, sagt Stefan Kießling, „einen Einbruch wird es ganz sicher nicht mehr geben!“




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 05.10.09

    Leverkusens Trainer Jupp Heynckes schwärmt von der Entwicklung seiner Mannschaft. In Nürnberg macht sich Ernüchterung breit.


    Leverkusen - Jupp Heynckes lehnte sich entspannt zurück und genoss die neue Leverkusener Herrlichkeit.


    "Das war zeitweise hervorragend. Hinten stehen wir stabil und kompakt. Die Mannschaft lernt, zu Null zu spielen. Das ist alles sehr erfreulich und gibt Zuversicht für die Zukunft", bilanzierte der frühere Meistercoach, nachdem der Werksklub mit einem souveränen 4:0 (3:0)-Sieg gegen den 1. FC Nürnberg an die Tabellenspitze der Bundesliga gestürmt war.
    Unterm Bayer-Kreuz reifen allmählich wieder Titelträume, Disziplinfanatiker Heynckes hat es offenbar möglich gemacht.


    Der "Harakiri-Fußball" der letzten Saison gehört jedenfalls der Vergangenheit an, aus den Spaßfußballern ist eine echte Spitzenmannschaft geworden.


    Bester Saisonstart der Vereinsgeschichte


    "Ich würde momentan sagen, das ist die reifste Leverkusener Mannschaft der letzten Jahre. Man sieht, was für ein Potenzial im Team steckt und was möglich ist", sagte Torjäger Stefan Kießling.


    Mit 20 Punkten aus den ersten acht Spielen hat Bayer den besten Saisonstart der Vereinsgeschichte hingelegt, der Vorsprung auf Bayern München beträgt bereits acht Punkte.


    Doch das Wort Meisterschaft ist bei Bayer (noch) tabu. "Wir haben erst Oktober, viele wollen Meister werden. Das ist noch ein langer Weg", sagte Abwehrchef Sami Hyypiä.


    Und Jungstar Toni Kroos ergänzte: "Man hat in der letzten Saison gesehen, wie Leverkusen nach einer guten Hinrunde abgestürzt ist. Einen Einbruch befürchte ich diesmal aber nicht."


    Heynckes lobt Kroos


    Gegen Nürnberg hatte Kroos großen Anteil am deutlichen Erfolg.
    Den Führungstreffer erzielte der Youngster mit einem sehenswerten Freistoß selbst (2.), anschließend holte er einen Foulelfmeter heraus, den Simon Rolfes zum 2:0 verwandelte (28.).


    "Ich habe Toni vor einigen Wochen gesagt, was er besser machen muss. Er hat danach intensiv gearbeitet. Das war heute das Produkt", lobte Heynckes den 19-Jährigen, der für den verletzten Brasilianer Renato Augusto ins Team gerückt war.


    Bereit für das Gipfeltreffen


    Der Schweizer Eren Derdiyok (34.) und Kießling mit seinem sechsten Saisontreffer (68.) vollendeten den sechsten Saisonsieg vor 26.785 Zuschauern in der BayArena und machten Appetit auf das Gipfeltreffen in zwei Wochen beim Hamburger SV.


    "Der HSV muss uns erstmal schlagen. Wir wollen in Hamburg an unsere guten Leistungen anknüpfen", sagte Kießling selbstbewusst, der zu seiner Nichtnominierung für die WM-Qualifikationsspiele in Russland und gegen Finnland nichts mehr sagen wollte.
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    Quelle: sport1.de

    LEVERKUSEN: Vorfreude bei Kießling


    Ungeschlagener Tabellenzweiter, fünf Zähler Vorsprung auf den Fünften – Bayer Leverkusen ist ohne Zweifel blendend aus den Startlöchern gekommen. Und trotzdem ist nicht alles Gold was glänzt, trotzdem wird diskutiert, nach Verbesserungen gesucht oder, wie Kapitän Simon Rolfes (27) es ausdrückt: „Die Einzelteile werden noch hin- und hergeschoben, das Puzzle ist noch nicht fertig.“


    Trainer Jupp Heynckes (64) hatte es nach dem 1:0-Sieg in Köln angesprochen. Natürlich sei positiv, dass hinten wenig anbrenne. Doch gerade Bayer stehe für offensiven, attraktiven Fußball: „Nur Ballsicherung und Coolness will keiner.“ Die Spieler auch nicht! Doch Rolfes sagt: „Wir sind dabei, das richtige Maß zu finden. Dabei hilft uns jeder Erfolg weiter. Wir wollen nicht mehr zwischen Extremen taumeln.“ Hinten selbstbewusst und sicher stehen, vorne für Highlights sorgen – so heißt das Ziel.“ In der vergangenen Saison sind wir zu oft blind nach vorne gerannt und haben prompt verloren“, erinnert Stürmer Stefan Kießling (25), dies dürfe nicht mehr passieren, „deshalb liegt das Hauptaugenmerk aktuell auf Ballsicherung.“


    Auch Sportchef Rudi Völler (49) sieht Bayer beileibe nicht am Rande
    einer fußballerischen Krise. Im Gegenteil: „In Köln haben wir Moral bewiesen und nach dem Pokalaus in Kaiserslautern die Kurve gekriegt. Die Resultate stehen nun mal im Mittelpunkt und wir werden uns nicht einreden, uns fehle es an Attraktivität.“ Vielmehr, so Völler, spiele auch der Gegner eine Rolle: „Die Freiburger sind forsch nach vorne gerannt und nachdem wir unsere Probleme in den Griff bekamen, haben wir sie ausgekontert.“ 5:0 siegte Bayer im Breisgau, der einzige Sieg mit mehr als einem Tor Vorsprung bislang. „Gegner wie Kaiserslautern oder Köln, die tief stehen und auf Konter lauern, bereiten uns momentan noch Probleme“, so der Ex-Stürmer, der aber seinem Personal vertraut: „Kann er auch“, sagt Stefan Kießling, seit zwei Spielen ohne Treffer, aber optimistisch auch gegen defensive Nürnberger: „Jetzt kommt mein Lieblingsgegner“, so der Blondschopf über den Ex-Verein, gegen den er in den letzten drei Spielen siegte und zweimal traf: „Wenn wir den Club schlagen, ist der Sieg von Köln doppelt so viel wert. Dann haben wir uns oben festgesetzt.“
    FRANK LUßEM





    NACHGEHAKT
    kicker: Herr Reinartz, überwiegt am Samstag die Freude über das Wiedersehen mit den Aufstiegs-Kumpels oder der Ärger über den Platz auf der Leverkusener Bank?
    Stefan Reinartz (20):
    Ganz klar die Freude. Ich war mit der U 19 von Bayer Deutscher Meister und Pokalsieger, mit dem DFB Europameister. Aber der Aufstieg in die Bundesliga mit dem Club war das absolute Highlight.





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 01.10.09

    Ex-Manager Calmund widerspricht Sportdirektor Völler


    An der Wand hinter Rudi Völlers Schreibtisch hängt die Großaufnahme einer Szene von Leverkusens Heimspiel gegen das englische Topteam Manchester United. Entstanden ist das Bild im Frühjahr 2002, als Bayer im Champions-League-Halbfinale gegen ManU den Einzug ins Endspiel schaffte. „Ich werde das Foto erst austauschen, wenn wir den Erfolg wiederholen“, sagt Bayers Sportdirektor. Und fügt lachend hinzu: „Wahrscheinlich habe ich bis dahin einen Rauschebart.“


    Völler (49) hat gut lachen. Nach sieben Spieltagen ist sein Team ungeschlagen Tabellenzweiter, punktgleich mit Spitzenreiter HSV. „Wir hatten einen guten Start. Unser Ziel bleibt der internationale Wettbewerb“, sagt Trainer Jupp Heynckes (64) nach dem 1:0 in Köln.


    Und langsam werden Erinnerungen wach an 2002, die erfolgreichste Bayer-Saison aller Zeiten. Damals wurde die Mannschaft unter Trainer Klaus Toppmöller (58) Vizemeister, stand im Champions-League- und im DFB-Pokal-Finale. „Im Vergleich zum Erfolgsteam von 2002 haben wir heute eine Billig-Truppe“, sagt Völler nun.


    Dem widerspricht Bayer-Legende Reiner Calmund (60), damals Leverkusen-Manager, allerdings energisch: „Allein Stefan Kießling war doch teurer als Dimitar Berbatov und Ulf Kirsten. Und Ulf war ein Jahrhundert-Torjäger - den kann man mit Kießling nicht vergleichen.“


    Calmund rechnet vor: „Ze Roberto kostete nur rund vier Millionen. Michael Ballack war mit knapp vier Millionen ein Schnäppchen. Bei uns ist er zum Weltstar geworden.“


    Ballack spielt inzwischen bei Chelsea London, Lucio, damals Verteidiger bei Leverkusen, steht bei Inter Mailand unter Vertrag, Stürmer Berbatov hat es über Tottenham Hotspur zu Manchester United geschafft. Und Ze Roberto ist mittlerweile der Top-Spieler beim Tabellenführer, dem Hamburger SV.


    Die aktuelle Mannschaft ist laut Internetseite transfermarkt.de 111 Millionen Euro wert. Damit ist sie zumindest für den Top-Stürmer Kießling (25) alles andere als ein Schnäppchen: „Eren Derdiyok hat knapp vier Millionen gekostet. Ich damals etwas mehr. Renato wurde für zehn Millionen gekauft. Das ist doch schon eine Menge. Aber klar ist auch, dass wir hier niemanden für 30 Millionen kaufen können“, sagt Kießling, der nach fünf Toren an den ersten fünf Spieltagen nun zweimal nicht traf.
    Kai Psotta/Marco Fenske





    Quelle: SportBild-Printausgabe vom 30.09.09

    Kölner Fans mit Schmährufen für René Adler


    René Adlers Empörung hatte sich auch am Sonntag nicht vollständig gelegt. Die Aktion des Kölners Maniche, der ihn in der 35. Minute rücksichtslos mit gestreckten Beinen attackiert hatte, regte den Nationaltorhüter maßlos auf: „Er sieht mich, ich bin eher am Ball und er springt trotzdem rein. Da nimmt er eine Verletzung eines Kollegen in Kauf, so etwas geht gar nicht.“ Eine Prellung oberhalb des linken Knies blieb als Andenken an die Aktion, in deren Folge Adler Gelb sah, nachdem er den Portugiesen wütend geschubst hatte.


    Mit Schmährufen bedachten die Kölner Fans nach dem Brutalo- Tritt das Opfer, ließen sich sogar dazu hinreißen, im eigenen Stadion einen völlig fremden Torhüter anzufeuern: „Robert-Enke“-Rufe hallten lautstark durch Müngersdorf. Wie sich wohl Kölns Faryd Mondragon in diesem Augenblick fühlte?





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.09.09

    ANALYSE VON STEPHAN VON NOCKS


    Nach offensiven Anfangsminuten der Kölner, in denen Castro zweimal in höchster Not rettete, übernahm die Heynckes-Elf die Spielkontrolle. Allerdings litt das Angriffsspiel der Gäste besonders im ersten Abschnitt unter untypischen Ungenauigkeiten und leichten Fehlern, so dass es der Bayer-Elf selten gelang, den kompakten Kölner Defensivblock auseinanderzuziehen. Der letzte entscheidende Pass wurde selten präzise gespielt. Blieb Leverkusen vor dem Seitenwechsel über die Flügel harmlos, sorgten im zweiten Abschnitt der immer wieder antreibende Castro und der besser ins Spiel findende Barnetta für Druck über die linke Seite. Bayer dominierte nun mit dem präsenten Vidal und Rolfes das Mittelfeld eindeutig, in dem auf Kölner Seite Petit und Maniche immer weniger entgegenzusetzen hatten. Köln fehlte im zweiten Abschnitt auch aufgrund der fehlenden Impulse aus dem Mittelfeld die Durchschlagskraft. Unnötig aus FC-Sicht Leverkusens Siegtreffer durch Rolfes, der trotz Kölner Überzahl weder von Petit noch von Novakovic entscheidend gestört wurde


    FAZIT
    Aufgrund der Spielanteile und der größeren spielerischen Reife ein nicht unverdienter Erfolg der Leverkusener, denen der FC aber kaum Torchancen gewährte.


    SPIELER DES SPIELS
    Simon Rolfes
    Beherrschte in Zusammenarbeit mit Vidal das Geschehen im zentralen Mittelfeld, erzielte zudem das Tor des Tages.





    „Mir war klar, dass ein Tor für uns fällt“


    Rolfes trifft per Picke


    So etwas nennt man wohl Derby-Spezialist: Simon Rolfes holte den fünften Sieg in seinem fünften Spiel für Bayer gegen den 1. FC Köln, traf zum dritten Mal bei einer Gesamtbilanz von 10:1 Toren, „und das Tor hat noch der Pat Helmes für den FC gemacht“, lachte der Matchwinner. Nicht überrascht zeigte sich Rolfes „vom Riesenrespekt“, den die Kölner über weite Strecken zeigten: „Das war mir klar. Und genauso klar war mir, dass irgendwann das Tor für uns fällt.“ Ein Tor, das er wenig „fein“ erzielte – mit der Picke: „Tranquillo spielte ein bisschen spät, deshalb musste ich ihn eben so reinmachen. Egal, Hauptsache, es zählt!“ Exakt drei Punkte!




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.09.09

    LEVERKUSEN: Der Trainer lobt die Stabilität der Defensive, will aber mehr Risiko nach vorne


    ES BERICHTEN FRANK LUßEM UND STEPHAN VON NOCKS


    Die silbernen Mountainbikes blitzten in der Sonne und die Augen der jungen Männer, die Sonntagmorgen auf ihnen um die Dhünn radelten, nicht weniger. Der Sieg in Köln sorgte für gute Laune in Leverkusen, gebannt war die Absturzgefahr nach dem Pokal-Ausrutscher am Betzenberg unter der Woche. „Kaiserslautern hat uns nicht im Geringsten aus der Bahn geworfen“, konstatierte René Adler (24), Sportchef Rudi Völler (49) ergänzte: „In der vergangenen Saison sind wir nach solch einer Pleite länger liegen geblieben. Das passiert uns jetzt nicht mehr.“ Warum? „Die Jungs haben dazugelernt, sie sind ein Jahr weiter und die Mischung ist besser.“ Dazu trägt in erster Linie in der Defensivorganisation Sami Hyypiä (35) seinen Teil bei, an der Seite des Finnen (Völler: „Bei dem machen sogar die Fehler Sinn!“) spielt Manuel Friedrich (30) die wohl beste Saison seiner Karriere. Und sagt: „Es ist eine Ehre, neben Sami spielen zu dürfen. Ich profitiere unglaublich von ihm.“


    Hyypiä selbst sieht es locker, freut sich, seinen Teil beitragen zu können zur neuen Stabilität des Leverkusener Gebildes. Diese gefällt auch Jupp Heynckes (64). Mit seiner unaufgeregten Art der Team-Führung (Simon Rolfes: „Er sieht nie nur schwarz und weiß, ist ein unglaublicher Fachmann!“) stärkt er einzelnen Spielern den Rücken, damit dem gesamten Team. So nahm er am Donnerstag ausdrücklich Gonzalo Castro (22) aus der Kritik, ebenso Arturo Vidal (22) – das mitunter phlegmatisch aufspielende Duo zahlt es vermehrt zurück. Ob es in diesem Jahr reicht, um das Klassenziel „internationaler Wettbewerb“ zu packen? Heynckes sieht Bayer auf einem guten Weg. Weil enge Spiele gewonnen oder, wie gegen Bremen, nicht verloren werden. „Aber“, mahnt er, „wir sind Bayer Leverkusen. Wir stehen für Risiko und Angriffslust. Zuletzt fehlte das. Nur Coolness und Kontrolle reicht nicht. Wir müssen die richtige Mischung finden!“




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 28.09.09

    NATIONALTEAM: Enkes Pech wiederholt sich


    Ein Kahnbeinbruch von Robert Enke verhalf René Adler vor einem Jahr im WM-Qualifikationsspiel gegen Russland (2:1) zur Länderspiel-Premiere. Nun ist ein erneuter gesundheitlicher Rückschlag des 32-Jährigen dafür verantwortlich, dass der acht Jahre jüngere Konkurrent auch in Moskau die deutsche Nummer 1 sein wird. „Was die Wiederholung der Ereignisse angeht: Es zeigt mir vor allen Dingen, wie schnell alles gehen kann. Das ist mir in letzter Zeit noch bewusster geworden. Deshalb zählt für mich nur das Vertrauen in die eigene Leistung“, so Adler zum kicker: „Für Robert ist das natürlich sehr schade. Ich drücke ihm die Daumen, dass er bald wieder fit im Tor steht.“


    Weil Enke wegen einer bakteriellen Magen-Darm-Erkrankung nicht rechtzeitig zum WM-Qualifikationsgipfel fit werden kann, gerät mit Adlers Beförderung auch die generelle Torhüter-Hierarchie ins Wanken. Sollte Adler die deutsche Mannschaft am 10. Oktober in Russland sowie vier Tage später in Hamburg gegen Finnland zur direkten WM-Qualifikation führen, wäre er auch Favorit auf den Platz in Südafrika. „Ich freue mich über diese Chance, keine Frage“, sagt Adler. Und verspricht: „Der Bundestrainer kann auf mich bauen.“
    O.HARTMANN/flu




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 24.09.09

    LEVERKUSEN: Die Lockerheit ist weg


    Saft- und kraftlos, ohne Ideen, Aufbäumen und erkennbaren Plan verabschiedete sich der Finalist der Vorsaison aus dem DFB-Pokal – Bayer Leverkusen zeigte zum ersten Mal in dieser Saison über fast
    die gesamte Spielzeit sein hässliche Seite und kassierte prompt und sicherlich nicht unverdient die erste Niederlage. Eine zu viel für diesen Wettbewerb!


    Dass auch der schwache Schiedsrichter seinen Teil dazu beitrug, machte den Abend nicht schöner. Ein nicht gegebener Elfmeter (45., Amedick foulte Derdiyok gleich doppelt) allerdings reicht nicht als Alibi für die Niederlage am Betzenberg – zu viel fehlte von dem, was Bayer an guten Tagen ausmacht.


    Zwangsweise musste Trainer Jupp Heynckes (64) auf Sami Hyypiä (Grippe), Michal Kadlec (Syndesmose) und Renato Augusto (Knieverletzung) verzichten, freiwillig beließ er Tranquillo Barnetta bis zur 55. Minute auf der Bank. Während die sonstigen Abwehrreservisten Stefan Reinartz und Hans Sarpei hinten (ohne zu überzeugen) wenig anbrennen ließen, enttäuschten die beiden Mittelfeldalternativen Toni Kroos und Lars Bender.


    Jupp Heynckes Herkulesaufgabe wird es nun sein, das sichtlich verunsicherte Team bis zum Samstag geistig fit zu machen für das Derby in Köln. Während des kommenden Gegners Formkurve nach zwei Siegen zuletzt deutlich nach oben zeigt, hakt es bei Bayer hinten, in der Mitte und vorne. Das Abwehrverhalten bei beiden Toren des Zweitligisten zeugte von Unordnung und Desorientierung. Das Umschalten von Defensive auf Offensive erinnerte an schlimmste Zeiten aus der vergangenen Saison. Und vorne mühten sich die beiden Stürmer redlich und mit viel Engagement, bekamen aber zu wenig Unterstützung von den Flügeln, hingen zeitweise förmlich in der Luft. Erst als Bayer mit Gekas alles nach vorne warf, fiel das Tor, geriet Lautern ins Schwimmen – zu spät!


    Das Fazit des frustrierenden Pokalauftritts ist ernüchternd: Mit blutleeren Auftritten wie dem in Kaiserslautern läuft Bayer Gefahr, in den alten Trott zu verfallen. Jetzt ist das Team gefragt, dem Heynckes doch offenkundig die Lockerheit verschafft hatte, die in den letzten Monaten der vergangenen Saison völlig abhanden gekommen war. Doch so richtig locker geworden sind sie dann wohl noch nicht. Denn wer richtig locker ist, verliert nicht so bei einem Zweitligisten!




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 24.09.09

    Die Bayer-Torjäger exklusiv:
    Kießling und Derdiyok diskutieren über Autos, Geld sowie den verletzten Kollegen Helmes — und sie heizen das Derby gegen Köln an


    Von Marco Fenske und Kai Psotta


    SPORT BILD: Herr Kießling, dürfen wir Sie Klinsmann nennen?


    Stefan Kießling (25): Nein! Warum wollen Sie das tun.


    Ihr Sportchef Rudi Völler hat uns gesagt, Sie ähneln sich in allem: Spielweise, Laufstil, Frisur ...


    Kießling: Das ehrt mich. Aber ich habe meinen eigenen Stil. Und auch meine eigene Frisur. Ich bin ich - und keine Klinsmann-Kopie.


    Herr Derdiyok, mit Kießling bilden Sie das beste Sturmduo der Liga. Beschreiben Sie Ihren Kollegen bitte mit drei Worten.


    Eren Derdiyok (21): Hilfsbereit, freundlich, angesehen.


    Kießling: (lacht) Gut gemacht. Die zehn Euro gebe ich dir später.


    Derdiyok: Nein, das passt schon. Weißt du noch? Du warst es, der an meinem ersten Tag hier sofort zu mir gekommen ist. Ich stand vor der Kabine, du hast mich mit reingenommen und mir alles gezeigt.


    Kießling: Stimmt, jetzt sind es schon 20 Euro. So schnell geht das.


    Bei so viel Lob: Wie kann man Kießling zur Weißglut treiben?


    Kießling: Mich? Zur Weißglut? Das schafft niemand.


    Auch nicht Bundestrainer Löw, der Sie nicht berücksichtigt hat?


    Kießling: Alle warten darauf, dass ich einen raushaue. Warum denn? Ich gebe Gas, und irgendwann lädt er mich auch wieder ein. Punkt.


    Wann äußern Sie sich?


    Kießling: Ich habe keinen Anspruch. Ich habe erst zwei Länderspiele gemacht. Zwei!


    Derdiyok: In der Schweiz würden wir dich sofort nehmen.


    Kießling: Ganz ehrlich? Keine Lust. Eure Sprache geht gar nicht. Allein wenn du dich mit unserem zweiten Schweizer Tranquillo Barnetta unterhältst! Da versteht man ja kein einziges Wort mehr.


    Derdiyok: Denk mal drüber nach, das ist Geheimsprache.


    Trainer Jupp Heyckes scheint den richtigen Ton zu treffen. Ist er der Grund für den Höhenflug?


    Kießling: Viele haben gesagt: Das passt nicht. Im Gegenteil, das passt! Wir arbeiten hart, aber er gönnt uns mehr Pausen. Die haben wir im vergangenen Jahr nicht so oft bekommen. Jupp Heynckes bringt ganz neue Sachen rein. Wenn wir zweimal am Tag trainieren, schlafen wir mittags im Stadionhotel. Das ist neu. Wenn einer müde ist, sagt er von sich aus: »Komm, geh rein.« Oder: »Geh gar nicht erst raus.«


    Derdiyok: Wir sind noch nicht am Limit. Wir werden noch besser. Aber wir müssen aufpassen.


    Kießling: Du sagst es. Im vergangenen Jahr sind wir nach einer guten Vorrunde brutal abgestürzt, haben auch nicht den Pokal gewannen. So etwas prägt.


    Kann man sagen: Sie sind gestartet wie Usain Bolt und ins Ziel gekommen wie Reiner Calmund?


    Kießling: Das ist ein bisschen hart dem Calli gegenüber. Aber das Beispiel kann man schon nehmen.


    Herr Derdiyok, wie war das für Sie: Als Sie zugesagt haben, war nach Bruno Labbadia Trainer.


    Derdiyok: Richtig. Mehr habe ich aber mit Rudi VöIler und Wolfgang Holzhäuser gesprochen. Sie haben mich überzeugt. Und dass jetzt ein neuer Trainer da ist, ist für mich nur gut: Alle fangen bei null an.


    Herr Kießling, Labbadia ist nun beim HSV. Hat er dazugelernt?


    Kießling: Das weiß ich nicht. Ich habe nicht mehr mit ihm gesprochen.


    Wer von ihnen ist eigentlich der rasantere Autofahrer?


    Kießling: Hattest du in der Schweiz überhaupt ein Auto? Du bist doch immer mit dem Fahrrad gefahren, gib's ruhig zu!


    Derdiyok: Ein flotter Spruch für einen Familienenvater ...


    Kießling: Ich habe vielleicht ein Familienauto, aber mit 482 PS kann man gut leben. Meine Frau hat mir gesagt: Fahr nicht schneller als 200, wenn Taylor (Kießlings einjähriger Sohn) mit im Auto ist.


    Samstag haben Sie es nicht weit, Sie spielen gegen Köln. Haben Sie Mitleid mit Lukas Podolski?


    Kießling: Wieso sollte uns der 1. FC Köln leidtun?


    Der Klub nicht - aber vielleicht ein Sturmkollege, der im Verein Startschwierigkeiten hat?


    Kießling: Ich habe ihn in Köln getroffen, wir haben gesprochen. Aber leid tut er uns nicht. Wir würden denen auch nicht leidtun, wenn es nicht läuft. Lukas wusste, dass es schwer wird. Da muss er durch - und alleine wieder raus.


    Herr Derdiyok, Sie sind Nachbar von Patrick Helmes. Der sagt: Wenn ich fit bin, spiele ich!

    Derdiyok: Sein gutes Recht.


    Kießling: Der Trainer hat schon angekündigt, dass er sich auch gut vorstellen kann, mit drei Stürmern zu spielen. Das könnte klappen.


    Sie müssen es wissen. Sie haben mit beiden gespielt. Was unterscheidet Derdiyok und Helmes?


    Kießling: (lacht) Eren läuft mehr.


    Derdiyok: Aber deine Pferdelunge ist noch ein bisschen größer.


    Ja oder nein: Sie schießen in dieser Saison zusammen 25 Tore.


    Derdiyok: Ja. Acht haben wir schon. Ich bin sehr ehrgeizig.





    Quelle: SportBild-Printausgabe vom 23.09.09

    Bayer-Star Helmes will seinen Kreuzbandriss so schnell auskurieren wie Matthäus 1992. Er droht den Sturmkollegen in Verein und Nationalelf


    Von Marco Fenske


    SPORT BILD: Herr Helmes, zuerst möchten wir Ihnen gratulieren.


    Patrick Helmes (25): Wozu denn? Geburtstag hatte ich am 1. März.


    Den meinen wir auch nicht Wir haben von dem Test gehört ...


    Stark, oder? Der Krafttest zeigt: Mein linkes Knie hat nur noch ein Defizit von 15 Prozent im Vergleich zu meinem starken rechten. Nur 15 Prozent! Andere haben drei Monate nach einem Kreuzbandriss noch ein Defizit von 40 Prozent.


    Das klingt positiv: Weiß Ihr Trainer Jupp Heynckes Bescheid? Am Sonntag kommt Bremen.


    (lacht) Langsam, langsam! Wer es übertreibt, kriegt am Ende die brutale Quittung. Jetzt fange ich erst mal an, mit dem Ball zu arbeiten - das ist der nächste Schritt. Endlich wieder kicken!


    Im Juni zogen Sie sich beim Privatspiel mit Freunden die schwere Verletzung zu. Werden Sie wieder mit Kumpels kicken?


    Klar! Nach dem 34. Spieltag fällt es mir schwer, einfach nach Hause fahren und wochenlang hinter keinen Ball mehr zu treten. Was soll ich machen? Mich an den Rand setzen, wenn meine Kumpels kicken? Nein. Das passt nicht zu mir.


    Lothar Matthäus stand 1992 fünf Monate nach seinem Kreuzbandriss wieder auf dem Platz. Schaffen Sie das auch?


    (rechnet) Das ist mein Ziel. Das wäre Mitte November. Passt!


    Sie wirken euphorisch. Dabei hatten Sie beim letzten Interview mit SPORT BILD noch gesagt: „20009 wird mein wichtigstes Jahr.“ Es folgte erst der Absturz mit Bayer Leverkusen, dann die Verletzung. Ist das für Sie nicht frustrierend?


    So ticke ich nicht. Meine Mutter war traurig und hat auch geweint, als sie es erfahren hat. Ich war gefasst. Denn schon vor der Operation stand für mich fest: Ich komme wieder - noch stärker, noch besser.


    Ihre Sturm-Kollegen bei Bayer, Stefan Kießling und Eren Derdiyok, harmonieren gut. Haben Sie keine Angst, dass Ihr Stammplatz futsch ist?


    Die beiden machen das richtig gut. Aber wenn ich fit bin, spiele ich. So überzeugt bin ich von mir.


    Kießling stand zuletzt trotz überragender Form nicht im Kader der deutschen Nationalmannschaft. Mitleid?


    Er wird nicht zu Hause gesessen und geheult haben. Es ist ärgerlich für ihn, klar. Aber er kriegt seine Chance noch. Kies rennt sich immer die Lunge aus dem Hals, er ist mit seiner Spielweise einmalig.


    Und warum sind Sie einmalig?


    Hallo? Ich bin ein Kopfball-Ungeheuer! Wie viele Tore habe ich letzte Saison noch gleich per Kopf erzielt? Ach ja, kein einziges. (lacht)


    Ganz im Ernst: Wie schätzen Sie Ihre WM-Chancen ein?


    Gut. Ich habe noch genug Zeit, um mich zu beweisen. Und das werde ich auch tun. Ganz sicher.


    Ja oder nein? Leverkusen ist an guten Tagen die spielstärkste Mannschaft der Liga.


    Ja.


    Was fehlt noch zum großen Coup?


    Ich habe es an mir gesehen: hopp oder top. Letzte Saison gab es viele richtig starke Spiele, aber auch einige total miese. Diese Schwankungen hatten alle, das müssen wir in den Griff kriegen. Alle sind jung, alle brennen. Uns muss man bremsen. Jupp Heynckes macht das.


    Wie meinen Sie das?


    Ich weiß, dass Spieler Extra-Läufe machen wollten. Jupp Heynckes hat es ihnen verboten. Wichtig sei, dass man Samstag fit ist.


    Ist Ex-Trainer Bruno Labbadia an fehlender Erfahrung gescheitert?


    Das kann ich nicht beurteilen, bei uns hat am Ende einfach nichts mehr gepasst. Aber ich habe immer gesagt, dass er mal ein richtig guter Trainer wird. In Hamburg hat er mit Rost, Jarolim, Ze Roberto erfahrene, gestandene Spieler. Das hilft enorm weiter.


    Thema Klubwechsel. Wären Sie im Sommer zum VfB Stuttgart gegangen, hätten Sie sich nicht verletzt?


    Nein. Es gab Kontakt, ja. Diese Frage hat sich auch deshalb nie ernsthaft gestellt, weil ich mich ja schon wenige Tage nach meinem Ibiza-Urlaub verletzt habe. Ich fühle mich wohl hier.


    Haben Sie eine Ausstiegsklausel in Ihrem Vertrag?


    (schmunzelt) Weiß ich nicht.


    Sie kennen Ihren Vertrag nicht?


    Sehen Sie: Viele Spieler haben solch eine Klausel. Wenn einer wirklich weg will, dann kann er auch weg. Das ist bei mir so, das ist bei anderen so.


    Stimmt es, dass Sie von England träumen?


    Richtig. Zuletzt habe ich mit Michael Ballack darüber geredet. Er hat richtig geschwärmt und mir geraten, irgendwann diesen Schritt zu gehen, wenn ich die Chance kriege. Aber erst mal...


    Ja, bitte?


    Ich habe einen Vertrag bis 2013, und ich denke nur in Etappen: Erst das Comeback, dann Vollgas mit Bayer, dann zur WM nach Südafrika — das sind doch schon drei große Ziele.





    Quelle: SportBild-Printausgabe vom 16.09.09

    Trainer Heynckes lobt Hans Sarpei und Debütant Assimiou Touré


    Rudi Völler (49) ließ Milde walten. Dass man nach einem deutlichen Vorsprung noch derart in Bedrängnis geraten sei, das dürfe nicht passieren. Da müsse man vorsichtiger agieren. Dennoch: „Ich werde das nicht anprangern, dann wären wir zu streng. Wir spielen halt Fußball.“


    Sie spielen Fußball – und sie verstehen Fußball mittlerweile besser. Bayer Leverkusen, das ist nun eine gewagte These, entwickelt sich weiter. Vordergründig mag das Ergebnis es belegen: In der vergangenen Saison führte man 3:0 gegen den späteren Absteiger Karlsruhe und rettete am Ende ein 3:3. Nunmehr ging es gegen den Deutschen Meister gut aus, knapper Sieg nach deutlicher Führung. Und die Erkenntnis, hier von Kapitän Simon Rolfes, dem glücklichen Doppel-Torschützen: „Es war völlig unnötig, was wir nach der klaren Führung gemacht haben. Deshalb können wir uns über die Punkte freuen, dürfen aber nicht in Euphorie verfallen.“


    Bis einschließlich Dienstag gab Jupp Heynckes (64) den meisten Spielern frei („Die Belastung für die Nationalspieler war zuletzt sehr hoch“), anschließend wird analysiert, „daraus müssen wir unsere Lehren ziehen“, so der Trainer, dem am meisten missfallen hatte, „dass wir nicht das 4:0 gemacht haben“.


    Gefallen dagegen hat ihm, dass ansonsten wenig beachtete Spieler aus der zweiten Reihe wie Hans Sarpei (33) und Assimiou Touré (21) ihre Sache letztlich ordentlich bewältigten. Sarpei, der Routinier, „unspektakulär, ruhig und souverän. Er ließ auf seiner Seite nichts anbrennen“, lobte der Trainer. Touré, der kam, weil Castro Gelb gesehen hatte und Heynckes keine zweite Gelb-Rote Karte mehr riskieren wollte, präsentierte sich in seinem allerersten Bundesligaeinsatz reichlich nervös, doch das verzieh der Trainer: „Das ist doch normal. Der Junge hat Potenzial.“





    NACHGEFRAGT
    „Eren darf da so nicht hingehen“


    kicker: Herr Adler, Sie waren wütend auf Eren Derdiyok. Warum?


    René Adler (24): Ich hätte nicht gedacht, dass das Spiel noch einmal so eng werden würde. Sein Feldverweis war eine Schlüsselszene. Eren ist noch jung, deshalb stelle ich ihn nicht an den Pranger. Aber da war er zu ungestüm, wenn er Gelb hat, darf er so nicht hingehen.


    kicker: Bleibt Bayer Leverkusen nun bis zum Schluss oben dabei?


    Adler: Vielleicht. Aber keiner verfällt in die Utopie, dass es ohne Schweiß und harte Arbeit so weitergeht. Jetzt ist es eine schöne Momentaufnahme, und ich bin froh, dass die Woche rum ist.


    kicker: Aber es war doch eine sehr erfolgreiche für Sie! Drei Siege, dabei zweimal ohne Gegentor in der Nationalelf …


    Adler: Stimmt. Aber es waren auch kraftraubende Tage, dazu die mentale Belastung. Es blieb keine Zeit, zu regenerieren.





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 14.09.09

    LEVERKUSEN: Trainer Jupp Heynckes über Castro, Vidal und die Champions League


    Punktgleich mit dem HSV liegt Bayer vor dem Spiel in Wolfsburg an der Spitze. Warum dies so ist und so bleiben kann, sagt Trainer Jupp Heynckes im kicker-Interview.


    kicker: Herr Heynckes, 14 Spieler fehlten vor dem Spiel in Wolfsburg. War das Training nur eine Farce?


    Jupp Heynckes (64): Nein, im Gegenteil. Ich hatte viele Spieler aus der zweiten Mannschaft bei den Übungen, dazu immer wieder A-Junioren. Es ist interessant, die jungen Spieler intensiver zu beobachten. Seien wir ehrlich: Es ist doch positiv, viele Nationalspieler zu haben. Wäre es anders, wären wir auch nicht zufrieden. Am wichtigsten ist es, dass sie gesund zurückkommen.


    kicker: Bayer steht ganz oben, trifft nun auf den Meister, der zuletzt zwei Pleiten erlitt. Der erste dicke Brocken in dieser Saison?


    Heynckes: Nein, das stimmt so nicht. Wir haben gegen zwei Aufsteiger gespielt, die eindrucksvoll gezeigt haben, was sie können. Und Hoffenheim gehört zu den Mannschaften, die ins erste Tabellendrittel wollen. Richtig ist, dass der Meister über eine riesige Offensivqualität verfügt. Das wird schon eine Art Standortbestimmung.


    kicker: Vor allem für die Defensive?


    Heynckes: Für das Defensivverhalten der gesamten Mannschaft. Gegen diese Mannschaft, die gerade im eigenen Stadion sehr stabil spielt, wird sich zeigen, wie wir uns behaupten können. Aber klar ist: Unser Anspruch ist, dass wir in Wolfsburg gewinnen.


    kicker: Was spricht dafür, dass dieser Sieg gelingt?


    Heynckes: Wir spielen diszipliniert, stehen stabil und besitzen in René Adler einen großen Rückhalt.


    kicker: Bayer bestach in den ersten Spielen durch Flexibilität in Personalfragen. Was ist das Geheimnis des geringen Leistungsgefälles in Ihrem Kader?


    Heynckes: Gerade durch die jungen Spieler wie Kroos, Reinartz, Schwaab oder nun auch noch Lars Bender haben wir größere Möglichkeiten. Wir können im Spiel variieren, defensive Stabilität herstellen oder die Offensive stärken. Mit denen, die nicht spielen, gehe ich offen und ehrlich um. Ich gebe Signale, begründe jede Entscheidung, jeder weiß, dass er seine Chance bekommt. So mache ich auch den Stammspielern Dampf, die genau wissen, dass nur Leistung zählt.


    kicker: Ist es nur Zufall, dass zuletzt Gonzalo Castro und Arturo Vidal ausgewechselt wurden?


    Heynckes: Nein, aber das bedeutet nicht, dass ich mit ihnen nicht zufrieden gewesen wäre. Gonazalo hat die U-21-EM mit großem läuferischen Aufwand auf hohem Niveau durchgespielt. Arturo war im ersten Spiel gesperrt, dazu kam die zwischenzeitliche Heimreise nach Chile wegen der Erkrankung seines Sohnes. Beide hatten also eine gestörte Vorbereitung. Da hat man eben Defizite, körperlich und mental. Beide bekommen meine volle Unterstützung, sie spielen ja. Aber wenn sie nicht mehr 100 Prozent geben können, dann kommt eben ein anderer.


    kicker: Sie klingen zufrieden . . .


    Heynckes: Ja, das bin ich. Wir mussten ja vor Transferschluss auch keine Hektik mehr verbreiten. Lars Bender wollte zu uns, da haben wir das realisiert. Ansonsten sind wir gut aufgestellt. In der Defensive ist ja auch noch ein Spieler wie Lukas Sinkiewicz hinten dran. Er kämpft sich ran, muss ab und zu mal gepiekst werden und gibt jetzt Vollgas. Vorne will Helmes im November oder Dezember wieder eingreifen.


    kicker: Demnächst beginnen die europäischen Wettbewerbe. Mit wie viel Wehmut sitzen Sie da auf der Couch und sehen fern?


    Heynckes: Klar kommt da Wehmut auf, bei mir sowieso. Aber den Spielern muss das richtig wehtun. Damit sie wissen, was sie verpasst haben, und so arbeiten, dass sie in der nächsten Saison dabei sind.
    INTERVIEW: FRANK LUßEM



    WUSSTEN SIE SCHON, DASS. . .
    . . . in vier der jüngsten sechs Bundesligaspiele zwischen Leverkusen und Wolfsburg jeweils ein Eigentor fiel?





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 10.09.09

    Die Nachwuchs-Leistungszentren der Bundesliga rechnen sich: Allein LEVERKUSEN bildete in den letzten Jahren rund 50 Profis aus.


    Man traf sich anlässlich der feierlichen Wiedereröffnung der BayArena Mitte August. Plaudernd standen vier DFB-Vorstandsmitglieder beim früheren Bayer-Manager Reiner Calmund (60). Plötzlich zeigte DFB-Vizepräsident Hans-Dieter Drewitz (65) in Richtung Südtribüne und sagte: „Da drüben in der Loge hat alles angefangen.“


    Spätsommer 2000. Der deutsche Fußball liegt am Boden. Jämmerlich gescheitert (Vorrunden-Aus) ist das Flaggschiff Nationalelf beim Versuch, den Europameister-Titel von 1996 zu verteidigen. Bundestrainer Erich Ribbeck tritt zurück, sein Nachfolger soll Christoph Daum werden, es wird schließlich Rudi Völler, die Geschichte ist bekannt. Leverkusen avanciert in den folgenden Jahren durch diese Berufung neben Frankfurt zu einem Zentrum des deutschen Fußballs. Eher unbemerkt trifft sich in der BayArena eine vom damaligen DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder (76) eingesetzte Experten-Kommission, die das Thema Nachwuchs-Schulung anschieben soll. Es ist ein entscheidender, wegweisender Schulterschluss von DFB und Liga mit einem wichtigen Resultat: Jeder Profi verein muss in Zukunft für die Lizenzierung ein Nachwuchs-Leistungszentrum (NLZ) nachweisen. Vier Jahre später liegt der deutsche Fußball nach der EM 2004 zwar wieder am Boden. Doch mit Philipp Lahm (25), Lukas Podolski (24) und Bastian Schweinsteiger (25) stehen drei Hoffnungsträger im Kader der Nationalmannschaft, die man heute getrost als erste Absolventen der Nachwuchs-Leistungszentren bezeichnen kann.


    Aus den zarten Pflänzchen von damals ist heute längst ein großer, bunter Strauß geworden. Die Talentschulen des deutschen Fußballs erfüllen ihren Zweck, immer mehr in Deutschland ausgebildete junge Spieler drängen in die (mittlerweile) drei Profiligen. 185 Spieler, die seit 2001 die NLZ durchliefen, stehen aktuell in den Kadern der 18 Bundesligisten – das macht bei 534 Profis satte 34,6 Prozent. Eine Zahl, die Jörg Bittner (42) und Dirk Diekmann (46) ein Lächeln aufs Gesicht zaubert. Zwei Fachleute, bundesweit nur Insidern bekannt, und doch wichtige Begleiter jeder Menge Profis.


    Beide arbeiten als hauptamtliche Nachwuchstrainer für Bayer Leverkusen, darüber hinaus begleiten und beraten sie Spieler und Eltern von der U 8 bis zur U 15. Ihr Arbeitsplatz liegt zwischen einem Segelflugplatz und einer ICE-Trasse und vom Verwaltungsgebäude aus sieht man bis zum Horizont nur Fußballplätze. Auf 35 000 Quadratmetern werden im Leverkusener NLZ jeden Tag rund 160 Kinder und Jugendliche von 38 Trainern und Betreuern ausgebildet. Mit Erfolg: Rund 50 Spieler von Bayer kicken aktuell in den drei Profiligen. Es sind die Idole wie René Adler (24) oder Gonzalo Castro (22). Es sind aber auch Jungprofis wie Kevin Kratz (22, Alemannia Aachen) Jens Hegeler (21, FC Augsburg) oder Kim Falkenberg (21, Spvgg Greuther Fürth). Talente zu finden und zu formen ist ein harter Job geworden. Bittner: „Mitte der 90er Jahre hatten wir in unserem Einzugsgebiet einen großen Vorsprung. Doch die Konkurrenz hat aufgeholt.“ Die Arbeit in den NLZ sorgte für ein Höchstmaß an Professionalisierung: „Heute ist jeder talentierte E-Jugendspieler aus der Region bei jedem Verein bekannt. Da ist der Erstkontakt unglaublich wichtig“, so Bittner. Aber nicht immer hilfreich: Als ein Bayer-Scout einst in Bergheim bei den Podolskis auf der Couch saß, starrte er auf eine Wand voller Geißböcke und FC-Wimpel: „Da wusste er gleich, das macht keinen Sinn.“


    Der Fußball-Westen mit Köln, Leverkusen, Mönchengladbach, Aachen, Dortmund, Schalke, Bochum oder Duisburg ist ein hart umkämpftes Gebiet um jedes Talent. Die Späher müssen schnell sein und ein gutes Auge haben. So wurde Stefan Reinartz (20) von Bayer-Scout Jürgen Dillenburg entdeckt, als sein Team 0:21 unterlag: „Aber der Junge hatte was.“ Knapp zehn Jahre später wurde Reinartz mit der deutschen U 19 Europameister. Und mit ihm die Leverkusener Kumpel Richard Sukuta-Pasu (19), Marcel Risse (19), Oliver Petersch (20), Bastian Oczipka (20) und Deniz Naki (20) – alle fünf sind heute Profis.


    „Gemütlicher“ können Vereine wie der VfB Stuttgart oder Hertha BSC Berlin die Planungen vorantreiben. Riesige Einzugsgebiete mit wenig Konkurrenz sorgen dafür, dass Entscheidungen länger reifen können. So wechselten die späteren Nationalspieler und Millionen-Seller Kevin Kuranyi und Mario Gomez erst im Alter von 17 bzw. 16 Jahren zum VfB Stuttgart, konnten viel länger im gewohnten Umfeld in Ruhe reifen. Dagegen weist der durchschnittliche Leverkusener Profi eine Vereinszugehörigkeit von rund acht Jahren aus bis zum Eintritt ins Seniorenalter, ist ergo seit der E- oder D-Jugend im Klub. Bittner: „Wir müssen unsere Entscheidungen viel früher treffen.“


    Für die qualitativ hochwertige Arbeit, die in den NLZ geleistet wird, steht eine andere Zahl ebenso. Kauften die Bundesligaklubs früher recht wahllos Spieler aus aller Herren Länder ein, setzte sich seit 2001 der Trend der Regionalisierung durch. Über 90 Prozent der Spieler aus den zehn Nachwuchsteams von Bayer kommen aus einem Umkreis von rund 60 Kilometern. In der aktuellen U 17, die alleine acht Nationalspieler stellt und weitere sieben Akteure, die zum erweiterten Kreis der DFB-Teams U 16 und U 17, stammen alleine fünf Spieler aus Leverkusen, einer Stadt mit 160 000 Einwohnern. Merke: Es gibt überall in Deutschland gute Fußballer, sie müssen gefunden und geformt werden. Nur unwesentlich anders liegen die Dinge in Köln, München oder Gladbach: Funktionierende Internate bieten hier zusätzlich Spielern Platz, die von weit her kommen. Auch bei Bayer gibt es Ausnahmen, etwa René Adler, den man einst aus Leipzig holte. Dessen heutiger Konkurrent Tim Wiese ist Beispiel dafür, dass man vor Fehlern nicht gefeit ist. Wiese verließ Bayer 1999 nach acht Jahren, schaffte über den Umweg Fortuna Köln den Sprung in den Profifußball und ist zehn Jahre später ein WM-Kandidat.


    Stetig stieg in den vergangenen Jahren die Summe, die von den 36 Profiklubs in die Arbeit der Leistungszentren investiert wurde: Waren es 2003/2004 noch knapp 57 Millionen, standen 2007/2008 bereits gut 70 Millionen zu Buche. Und die Investitionen steigen – weil sie sich lohnen. Die Zahlen belegen, dass mehr Wert auf Ausbildung gelegt wird, spätere Transfererlöse werden natürlich einkalkuliert. Die rund 35 Millionen, die ein Mario Gomez dem VfB Stuttgart brachte, sichern die Ausbildung von dessen Nachfolgern auf Jahre, so entsteht ein gesunder Kreislauf, der sich zum Wohl des Fußballs ausweiten wird – diese Prognose ist nicht zu gewagt.


    Auch die Erfolge der U-Teams sprechen eine deutliche Sprache, die errungenen Titel sind ebenso wenig ein Wunder wie die Tatsache, dass immer mehr Spieler früher Stammplätze ergattern. „Generation Zukunft – jetzt sind wir dran!“ titelte der kicker am 16. Juli 2009 über die Özils, Boatengs oder Marins.


    Diese Spieler bekamen nach dem U-21-Sieg von der UEFA eine Goldmedaille. Wie auch DFB-Präsident Dr. Theo Zwanziger (64). Mit einer großen Geste überreichte er das Erinnerungsstück Gerhard Mayer-Vorfelder. Dem Mann, der in die Wege leitete, was im Spätsommer 2000 in Leverkusen begann und mit dem EM-Titel längst noch nicht enden soll.
    FRANK LUßEM



    Quelle:kicker-Printausgabe vom 07.09.09

    LEVERKUSEN: Vertrauen in den Adler-Ersatz


    Als sein Kollege René Adler (25) in Leverkusen gerade die südafrikanischen Angreifer zur Verzweiflung und sich selbst wieder nachhaltig für den Platz zwischen den Pfosten in der deutschen Nationalelf in Erinnerung brachte, saß sein etatmäßiger Stellvertreter Benedikt Fernandez (25) im Zuschauerraum des Musicals „Tarzan“ in Hamburg und sah zu, wie die Protagonisten nach der Musik von Phil Collins von Ast zu Ast hechteten.


    Knapp sieben Wochen ist es her, dass Fernandez (zum zweiten Mal binnen eines halben Jahres) Teile des Außenmeniskus am rechten Knie entfernt werden mussten. Zusätzlich wurde der Knorpel des Gelenks geglättet. Mitten in die Vorbereitung platzte seinerzeit die Hiobsbotschaft von der erneuten Blessur, „jetzt hoffe ich, in drei bis vier Wochen wieder auf dem Platz stehen zu können“, so Fernandez, der sich aktuell auf Stabilisationsübungen, Skipping, Sprünge auf einem Bein und Krafttraining beschränken muss.


    Ein mitunter knüppelhartes, eintöniges Programm absolviert er, erträgt dies allerdings leichter als anderen Profis, die aus Verletzungsgründen pausieren müssen. Da Bayer auf Drängen von Cheftrainer Jupp Heynckes (64) auf die Verpflichtung eines erfahrenen zusätzlichen Torhüters verzichtete, machte der Trainer eindeutig klar, mit wem er arbeiten will. In der vergangenen Halbserie wurde nach Fernandez’ Verletzung noch Gabor Kiraly (33) geholt, der mittlerweile bei den Münchener „Löwen“ spielt. Die aktuelle Passivität rechnet Fernandez Trainer und Verein hoch an: „Das ist ein schöner Vertrauensbeweis sowohl für mich als auch für Fabian Giefer. Natürlich freut einen das“, so Fernandez. Der 19jährige Giefer vertritt ihn auf der Position hinter Adler, wird nach der Rückkehr wieder seinen Job als Nummer drei einnehmen.


    Den neuen Trainer erlebte Fernandez zwar nur zwei Wochen, „doch in dieser Zeit haben wir viel geredet und ich habe das Gefühl, Herr Heynckes mag mich. Sowohl den Typen als auch den Torwart. Wichtig war, dass er mir vor der Operation gesagt hat, ich bekäme alle Zeit der Welt, in Ruhe wieder fit zu werden.“ Die Wettkampfpause brachte noch einen Vorteil: Sie ermöglichte es dem Profi , sein Studium der Volkswirtschaft voran zu treiben und sich ein ehrgeiziges Ziel zu setzen: „In eineinhalb Jahren will ich fertig sein!“
    FRANK LUßEM





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 07.09.09

    Leverkusens Torhüter über den Konkurrenzkampf im Nationaltor


    kicker: Rückkehr nach sieben Monaten. Was empfinden Sie vor Ihrem Comeback, Herr Adler?


    René Adler (24): Freude, ganz klar. Ich bin froh, wieder bei der Mannschaft zu sein und die Stimmung mitnehmen zu können. Und für sein Land auflaufen zu können, ist für jeden Sportler das Größte.


    kicker: Hatten Sie die Sorge, im Kampf um die Nummer 1 ins Hintertreffen zu geraten?


    Adler: Angst überhaupt nicht. Ich war ja im März in Leipzig auch dabei, konnte aber verletzungsbedingt gegen Liechtenstein nicht spielen. Bei der Asienreise fehlte ich wegen des DFB-Pokalfinales. Nur zuletzt in Aserbaidschan wurde ich nicht nominiert. Das habe ich akzeptiert, aber trotzdem an mich geglaubt. Ich weiß, was ich kann.


    kicker: Vor knapp einem Jahr feierten Sie gegen Russland ein viel beachtetes Debüt. Sind Sie damals zu schnell hochgejubelt worden?


    Adler: Darauf hatte ich ja keinen Einfluss, das geschah ohne mein Zutun. Ich habe mich schon damals bewusst von dem Hype um meine Person entfernt und mir gesagt: Bis Südafrika ist es ein weiter Weg, in diesem schnelllebigen Geschäft musst du Spiel für Spiel deine Leistung abrufen. So handhabe ich es auch jetzt, ich weiche da nicht von meiner Linie ab.


    kicker: Gegen England unterlief Ihnen ein Fehler, danach ging es mit Leverkusen bergab. Was nehmen Sie aus dieser Krise mit?


    Adler: Ich war ja nicht so blauäugig zu glauben, immer nur fehlerfrei spielen zu können. Ich war schon Realist in den zwei Jahren davor, als mir von allen Seiten auf die Schulter geklopft wurde. Und deshalb hatte ich auch kein Problem damit, als ich erstmals Gegenwind spürte.


    kicker: Joachim Löw fordert von Ihnen wieder mehr Konstanz.


    Adler: Dass die Schwächephase des Vereins nicht spurlos an mir vorüberging, ist ja klar. Da war auch meine Leistung nicht so, wie ich sie mir vorgestellt habe. Aber ich denke, dass ich in dieser Saison wieder konstant auf einem sehr hohen Niveau spiele.


    kicker: Wie gehen Sie mit diesem Torwart-Vierkampf um?


    Adler: Grundsätzlich braucht ein Torwart Vertrauen und muss gestärkt werden, um Topleistungen zu bringen. In der Nationalmannschaft ist es eben so, dass sich der Bundestrainer auf vier WM-Kandidaten festgelegt hat. Diese Situation ist unveränderbar, diesen Konkurrenzkampf gilt es anzunehmen. Ich muss in jedem Spiel und in jedem Training versuchen, dem Bundestrainer zu zeigen: Hier bin ich, auf mich kann er bauen.


    kicker: Wo sehen Sie sich im Ranking mit Enke, Neuer und Wiese?


    Adler: Das müssen andere beurteilen. Robert Enke hat sicher die Nase vorn. Er hat zuletzt sehr gut gespielt, und da es nach dem Leistungsprinzip geht, ist es völlig normal, dass er vorn steht. Aber es ist eine Momentaufnahme.


    kicker: Ist Ihr primäres Ziel, überhaupt erst einmal die WM-Nominierung zu erreichen?


    Adler: Ich strebe nach dem Höchstmöglichen. Wenn ich Nummer 1 werden kann, möchte ich auch die Nummer 1 werden.


    kicker: Wie ist der Umgang unter den vier Torhütern?


    Adler: Absolut kollegial, da ist kein Stinkstiefel dabei. Mit Robert Enke war ich bei der EM zusammen, mit ihm verstehe ich mich auch privat sehr gut.


    kicker: Sind Sie so stark wie 2008?


    Adler: Ich denke, ich habe mich weiterentwickelt.


    kicker: In welchen Bereichen?


    Adler: Im Verein bin ich in der Hierarchie aufgestiegen, nehme als Führungsspieler eine gewichtigere Rolle ein. Und das bereichert auch mein Torwartspiel.


    kicker: Was bedeutet Hierarchie?


    Adler: Ich bin der Ansicht, dass jede Mannschaft eine Hierarchie braucht, um erfolgreich sein zu können. Und diese Hierarchie sollte von jedem Spieler respektiert und eingehalten werden.


    kicker: Wer sind die Führungsspieler in der Nationalmannschaft?


    Adler: Miro Klose, Per Mertesacker, Philipp Lahm. Aber der absolute Leader ist Michael Ballack, er puscht die Mannschaft, er spricht die Dinge an. Zu ihm können andere aufschauen.


    kicker: Die Länderspiele sind für dieses Jahr verteilt. Ihr Comeback ist demnach auch das Abschiedsspiel für 2009.


    Adler: Es zählt ohnehin nicht das eine Länderspiel, ich kann mich außerdem in der Bundesliga Woche für Woche zeigen.


    kicker: Wann sollte die Torwart-Entscheidung getroffen werden?


    Adler: Ich nenne kein Datum, aber ich bin der Meinung, dass dies in einem größeren Zeitraum vor der WM passieren sollte. Denn die Hintermannschaft muss sich einspielen. Die Abwehrspieler müssen wissen, wie der Torhüter agiert. Diese Automatismen müssen sich entwickeln, das benötigt Zeit.


    kicker: Tim Wiese hatte Bedenken, dass er bei einer Nominierung in Ihrem Stadion ausgepfiffen werden würde. Eine berechtigte Sorge?


    Adler: Er wird sich etwas gedacht haben, als er das sagte. Aber es ist nicht meine Aufgabe, Tims Gedankengänge zu bewerten.
    INTERVIEW: OLIVER HARTMANN





    Quelle: kicker-Printausgabe vom 03.09.09

    Im Kopf-an-Kopf-Rennen mit Hamburgs Zé Roberto hatte er am Ende die Nase vorn: Die Fans kürten den Leverkusener Stürmer zum Spieler des Monats August.


    Von der Bratwurst zum Führungsspieler


    Am Ende wurde es dann doch noch eine schöne Woche. „Fußballer des Monats? Das ist eine schöne Bestätigung“, freute sich Stefan Kießling (25), der nach dem vierten Spieltag die Schlagzeilen beherrschte hatte – zunächst aufgrund seiner starken Leistung inklusive Siegtor gegen Bochum, dann aber auch wegen der durchaus umstrittenen Entscheidung von Bundestrainer Joachim Löw (49), ihn nicht für die anstehenden Länderspiele gegen Südafrika und Aserbaidschan zu nominieren.


    Stefan Kießling hat gelernt, das Negative wegzuschieben. Er wurde verhöhnt („Die teuerste Bratwurst, die je aus Nürnberg kam“, titelte einst Bild) und verlacht, musste sich die Zuneigung der Fans geduldig erkämpfen und kann heute sagen: „Meine Arbeit wird anerkannt.“ Bei Bayer ist der Franke längst eine feste Größe. „Jetzt bin ich vier Jahre hier und habe mich, denke ich, zum Führungsspieler entwickelt.“ Er identifiziert sich wie wenige andere Profis mit seinem Arbeitgeber, lebt in Leverkusen, nicht wie viele Kollegen in Köln, und sagt: „Wenn der Klub morgen käme und den Wunsch hätte, würde ich meinen Vertrag direkt um zehn Jahre verlängern. Ich bin komplett glücklich hier.“


    Diese bedingungslose Geradlinigkeit ist es, die Kießling so wertvoll macht. Nicht, dass er in jedem Spiel Weltklasse auf den Rasen zaubern würde. Aber 100 Prozent Einsatz und Leidenschaft, die bringt er immer ein. Und sein hohes Maß an Selbstlosigkeit und taktischer Disziplin belegt folgende Aussage: „Wenn ich dadurch ein Gegentor verhindere, ist mir ein gewonnener Zweikampf im eigenen Strafraum wichtiger als ein Torschuss im gegnerischen Sechzehner.“


    Über die Auszeichnung als „Fußballer des Monats“ freut er sich dennoch, „viele solcher Ehrungen habe ich ja noch nicht“, lacht er. Viele Länderspiele auch nicht, erst zwei an der Zahl, aktuell wird keines dazukommen. Diskutieren will Stefan Kießling diesen Sachverhalt nicht. Vor bohrenden Fragen („Die ich eh nicht beantworten kann“) schützt er sich beim Spiel gegen Südafrika durch Abwesenheit – gemeinsam mit Ehefrau Norina und Söhnchen Tyler werden am Samstag Freunde besucht.
    FRANK LUßEM



    Das Wahlergebnis:


    1. Stefan Kießling (Bayer Leverkusen) 49,2 %
    2. Zé Roberto (Hamburger SV) 46,1 %
    3. Tranquillo Barnetta (Bayer Leverkusen) 4,7 %



    „Stefan ist ein Traum für jeden Trainer“
    VON KLAUS AUGENTHALER


    „Wie viel man erlebt als Spieler oder Trainer, es gibt diese kleinen Geschichten, die vergisst man nie. Zum Beispiel diese: Ich war Stefans Trainer in Nürnberg und holte ihn aus der Jugend zu den Profis hoch. Wegen großer Personalnot hatte er sogar schon einen Bundesligaeinsatz als A-Jugendlicher. In der Saisonvorbereitung absolvierten wir ein Testspiel in Weiden, ich ließ ihn 90 Minuten lang spielen. Was ich nicht wusste: Er hatte seine Fußballschuhe vergessen und sich welche ausleihen müssen. Leider waren keine in seiner Größe da. Das böse Ende sah ich anschließend in der Kabine: Das Blut stand buchstäblich in den Schuhen, die Socken waren rot, beide Füße wund.


    So ist Stefan: Da gab es keinen Mucks und kein Aua! Er lief einfach weiter, blieb nie stehen. Und das steht für seine gesamte Entwicklung: Stefan Kießling ist ganz sicher kein Maradona. Aber er verbessert sich ständig. Aus dem ungelenken Schlaks ist ein Spieler mit passabler Technik geworden. Die Nervosität vor dem Tor hat er weitgehend abgelegt. Stefan ist ein Typ, der sich immer weiter verbessern will, ein Traum für jeden Trainer. Und noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung angekommen. Deshalb bin ich sicher, dass er die Leistungen der ersten Bundesligaspiele in den kommenden Wochen und Monaten bestätigen wird. Und genauso sicher bin ich, dass in Zukunft auch der Bundestrainer an ihm nicht mehr vorbeikommt.“


    Klaus Augenthaler (51), Weltmeister 1990 als Spieler, trainierte Bayer Leverkusen von Mai 2003 bis September 2005.




    Quelle: kicker-Printausgabe vom 03.09.09