Erste Stellungnahme des Niedersächsischen Landtages bzgl. der Dienstaufsichtsbeschwerde seitens des FCC-Präsidiumsmitglied Andreas Wiese zum Vorfall nach dem Auswärtsspiel des FC Carl Zeiss Jena bei Kickers Emden am 21.02.09
Polizeieinsatz beim Fußballspiel Kickers Emden gegen FC Zeiss Jena
30. März 2009 | Themenbereich: Fussball | Drucken
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.03.2009; Fragestunde
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet die Kleine Anfrage des Abgeordneten Ralf Briese (GRÜNE); Es gilt das gesprochene Wort!
Der Abgeordnete hatte gefragt:
Das Präsidiumsmitglied des FC Carl Zeiss Jena, Andreas Wiese, erhebt schwere Vorwürfe gegen die niedersächsische Polizei. Nach Wieses Darstellung hat der Erste Polizeihauptkommissar Herglotz bei einem Einsatz anlässlich des Fußballspiels Kickers Emden gegen den FC Carl Zeiss Jena am 20. Februar 2009 in Emden mit seiner Hundertschaft unverhältnismäßig hart gegen Fans des FC Carl Zeiss Jena agiert. Im Verlauf einer Personenfeststellungsmaßnahme sei es demnach zu Körperverletzungen und weiteren Strafverstößen durch die Polizei auch gegen Unbeteiligte gekommen. Herr Wiese hat eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den verantwortlichen Hundertschaftsführer erhoben.
Ich frage die Landesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über den Vorfall am 20. Februar 2009 in Emden?
2. Sind Strafanzeigen gegen einzelne Polizisten bzw. den Einsatzleiter erhoben worden, wenn ja, wie ist der Ermittlungsstand?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass sich gerade die für ihre deeskalierenden Methoden bekannten Fanbeauftragten massiv über den Polizeieinsatz beschweren?
Innenminister Uwe Schünemann beantwortet namens der Landesregierung die Dringliche Anfrage wie folgt:
Zum Gegenstand der mündlichen Anfrage hat die Polizeidirektion Osnabrück Stellung genommen. Danach hat sich der Vorfall wie folgt dargestellt:
Am 21. Februar 2009 - nicht am 20. Februar 2009 - fand im Embdena Stadion in Emden die Begegnung der 3. Liga zwischen dem BSV Kickers Emden und FC Carl Zeiss Jena statt. Das Fußballspiel wurde von 2.777 Zuschauern besucht. Die Einsatz führende Dienststelle war die Polizeiinspektion Leer/Emden.
Auf Grundlage der Beurteilung der Lage, insbesondere der Erfahrungen zum Fanverhalten der Jenaer Fans bei Auswärtsspielen, wurde ein Einsatz mit ca. 120 Polizeibeamten durchgeführt. Darüber hinaus waren zwei Szenenkundige Beamte (SKB) der Polizeidirektion Jena eingesetzt.
Die Anreise der ca. 260 Fans aus Jena verlief störungsfrei. Vor dem Spiel und während des Spiels begingen Jenaer Fans eine Sachbeschädigung, einen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil von mehreren Fans aus Emden und Meppen.
Im Verlauf der ersten Halbzeit beleidigten zwei Personen aus dem Jenaer Fanblock zwei Polizeibeamte der 6. Bereitschaftspolizeihundertschaft verbal und durch Zeigen des ausgestreckten Mittelfingers.
Die Feststellung der Identität dieser Personen wurde um Eskalationen zu vermeiden nicht unmittelbar im Fanblock durchgeführt, sondern sollte nach Ende des Spieles am Stadionausgang erfolgen. Noch während des Spieles entschuldigte sich einer dieser Tatverdächtigen bei den Beamten.
Nach Ende des Spieles wurde versucht, die Identität der zweiten Person durch Vorlage eines Lichtbildes zu ermitteln. Sowohl den SKB aus Jena, dem Leiter des Jenaer Fanprojektes, als auch dem Fanbeauftragten des Vereins, war die Person namentlich jedoch nicht bekannt.
Nachdem bereits ein Großteil der Gästefans das Stadion verlassen hatte, näherte sich der Tatverdächtige mit weiteren Personen, darunter Angehörigen der Ultragruppierung “Horda Azzuro”, dem Ausgang.
Bei Verlassen des Stadions wurde der Tatverdächtige durch Einsatzkräfte angesprochen. Die umstehenden Personen solidarisierten sich sofort und nahmen ihn in ihre Mitte. Dabei wurde ein Beamter zur Seite gestoßen, so dass in dieser Situation die Identitätsfeststellung unmöglich war.
Auch nach Erläuterung der beabsichtigten Personalienfeststellung zeigte sich die Personengruppe nicht kooperativ. Daraufhin kündigte der Hundertschaftsführer gegenüber den Personen an, dass die Identitätsfeststellung ggf. auch mit Zwang erfolgen würde.
Im Bereich des Gästeparkplatzes in der Nähe des Ausganges wurde der Täter zur Feststellung seiner Personalien vorläufig festgenommen. Dabei haben die Beamten nach entsprechender Androhung situationsbedingt auch unmittelbaren Zwang in Form körperlicher Gewalt angewandt.
Durch die Gegenwehr aus der Gruppe erlitten drei Polizeibeamte Prellungen, ein Beamter war einen Tag nicht dienstfähig.
Im Zusammenhang mit diesem Einschreiten sind neun Strafanzeigen gegen Anhänger des FC Carl Zeiss Jena gefertigt worden. Diese haben zum Gegenstand: 1x Landfriedensbruch und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, 2 x Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, 3 x gefährliche Körperverletzung bzw. Körperverletzung und 3 x Beleidigung zum Nachteil von Polizeibeamten.
Bis zum 10. März 2009 wurden insgesamt sieben Strafanzeigen durch Angehörige der Jenaer Fanszene gegen eingesetzte Polizeibeamte erstattet.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Siehe Vorbemerkung.
Zu 2.:
Bei der Staatsanwaltschaft Aurich sind am 23. und 24. Februar 2009 zwei Strafanzeigen des Fan-Projekts Jena e.V. sowie des Mitglieds des Präsidiums des FC Carl Zeiss Jena, Herrn Rechtsanwalt Andreas Wiese, eingegangen. Weitere fünf Strafanzeigen gingen am 10. März 2009 ein. Diese hat Rechtsanwalt Wiese im Auftrag von Personen erstattet, die behaupten, im Verlauf des Polizeieinsatzes verletzt worden zu sein.
Die Staatsanwaltschaft hat darauf hin ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung im Amt gegen den namentlich bekannten Führer der Einsatzhundertschaft eingeleitet. Zur Aufklärung des Sachverhalts und zur Identifizierung weiterer am Einsatz beteiligter Personen sind dazu von der Zentralen Polizeidirektion Einsatzberichte und Stellungnahmen der eingesetzten Beamten angefordert worden. Nach deren Eingang und Auswertung wird die Staatsanwaltschaft über das weitere Vorgehen, namentlich auch über die Ausweitung der Ermittlungen auf weitere beteiligte Polizeibeamte, entscheiden.
Im Übrigen siehe Vorbemerkung.
Zu 3.:
Eine Bewertung der vorliegenden Beschwerden ist erst nach Abschluss der Ermittlungen bzw. Überprüfungen möglich.
Quelle: http://www.cop2cop.de/2009/03/…mden-gegen-fc-zeiss-jena/