Im Interview mit Sport1.de spricht Bayer-Abwehrchef Sami Hyypiä über die Saisonziele. Vom Titel zu reden, wäre unrealistisch.
Von Martin Volkmar
Leverkusen - Die Erwartungen an den vom FC Liverpool verpflichteten Sami Hyypiä waren groß: "Er ist derjenige, der unserer Mannschaft weiterhelfen kann", sagte Leverkusens Sportchef Rudi Völler bei seiner Vorstellung.
Und der Finne hat bislang nicht enttäuscht. Im Gegenteil: Die Zweikampfstärke des 35-Jährigen, der jahrelang Abwehrchef der "Reds" in der Premier League war und unter anderem 2005 die Champions League gewann, verleiht der Bayer Defensive neue Stabilität. Auch dank ihm feierte die Werkself einen der besten Saisonstarts ihrer Bundesligageschichte und steht punktgleich mit Tabellenführer HSV auf Platz zwei.
Im Interview mit Sport1.de spricht die Liverpool-Legende über die Saisonziele mit Bayer, seinen Abschied aus England und die finnische Nationalmannschaft.
Sport1.de: Herr Hyypiä, Sie gelten als Liverpooler Legende, hätten dort im Trainerstab weiterarbeiten können. Wie schwer fiel Ihnen der Abschied?
Sami Hyypiä: Natürlich fällt der Abschied nach zehn sehr erfolgreichen Jahren an der Anfield Road schwer. Aber als Trainer sehe ich mich nicht. Ich bin Spieler, ich bin fit, ich möchte einfach weiter Fußball spielen. Also bin ich lieber gegangen. Auch wenn dieser Abschied für mich sehr emotional war. Meine Beziehung zum Klub und zu den Fans war sehr intensiv.
Sport1.de: Warum haben Sie sich für Deutschland und die Bundesliga entschieden und gegen andere Angebote, z.B. aus England?
Hyypiä: Auch in England hätte ich weiterhin spielen können, das stimmt. Es gab Angebote, doch auf der Insel in einem anderen Trikot aufzulaufen als in dem der "Reds" – das konnte ich mir nicht vorstellen. Als dann das Angebot aus Leverkusen kam, war das für mich eine sehr gute Lösung. Ein guter Klub, den ich ja auch noch aus eigener Erfahrung kannte; aus den Champions-League-Spielen mit Liverpool.
Sport1.de: Stimmt es, dass Bayer Leverkusen Sie unter anderem mit einer SMS auf finnisch überzeugt hat?
Hyypiä: Unter anderem, ja. Das hat mir schon gefallen, diese spezielle menschliche Note. Ich war mir nach Bayers Kontaktaufnahme aber auch ohne finnische SMS sehr schnell sicher, dass der Klub mich unbedingt wollte.
Sport1.de: Wie groß ist der Kontrast zwischen dem FC Liverpool und dem eher beschaulichen Leverkusen?
Hyypiä: So beschaulich ist es ja gar nicht. In Liverpool werden die Spieler sehr viel mehr abgeschirmt vor Presse und Fans. Da kommt man zum Training, geht auf den Platz, wieder in die Kabine und fährt zurück nach Hause, ohne mit irgendjemand gesprochen zu haben. Hier in Deutschland ist das anders. Da kommen Journalisten und fangen einen auf dem Weg in die Kabine ab. Es kommen Fans und fragen nach Autogrammen und gemeinsamen Fotos. Das finde ich nicht schlimm, nicht das das falsch verstanden wird. Aber wenn man aus England kommt, dann muss man sich daran erst einmal gewöhnen.
Sport1.de: Wie sind Ihre ersten Eindrücke von Deutschland und vom deutschen Fußball?
Hyypiä: Meine ersten Eindrücke sind noch nicht wirklich aussagekräftig. Ich habe gerade einmal vier Ligaspiele hier bestritten, viel zu wenig, um mir eine fundierte Meinung zu bilden. Wir haben bislang gegen Babelsberg, Mainz, Hoffenheim, Freiburg und Bochum gespielt. Wie will ich da den deutschen Fußball richtig beurteilen? Fragt mich in sechs Monaten nochmal, dann kann ich vielleicht etwas dazu sagen. Privat fühle ich mich in Deutschland sehr wohl.
Sport1.de: Wie beurteilen Sie das Potenzial von Bayer?
Hyypiä: Wir haben eine noch recht junge Mannschaft, in der allerdings großes Potenzial steckt. Bevor ich mich für Bayer entschied, habe ich mir einige DVDs angesehen. Da habe ich gesehen, wie gut diese Jungs sind. Wenn ich ihnen jetzt noch dabei helfen könnte, sich auf dem Platz noch etwas besser zu organisieren, kompakter zu stehen, dann sind sie einen Schritt weiter. Bayer wollte mehr Erfahrung. Die kann ich bieten. Ich werde alles dafür tun, damit wir etwas erreichen.
Sport1.de: Derzeit ist die Mannschaft Tabellenführer. Kann das Team ganz oben mitspielen, vielleicht sogar um den Titel?
Hyypiä: Die Tabellenführung nach vier Spieltagen bedeutet nichts. Unser Ziel muss es sein, einen internationalen Wettbewerb zu erreichen. Das wollen und können aber auch acht, neun andere Mannschaften. Vom Titel zu reden ist nicht realistisch. Von Europa schon. Das muss unser Anspruch sein.
Sport1.de: Abschließend zur WM-Qualifikation: Wie sehen Sie die Situation in der Gruppe? Wird Finnland eine Schlüsselrolle spielen?
Hyypiä: Man muss sich nur die Tabelle ansehen, viel zu beurteilen gibt es da nicht. Deutschland und Russland werden den Gruppensieg wohl unter sich ausmachen. Deutschland führt, Russland hat noch den Vorteil des Heimspiels im direkten Duell, beide haben gute Mannschaften – da ist noch alles drin. Dass wir Finnen am letzten Spieltag in Deutschland antreten müssen, ist für mich natürlich besonders spannend. Wir werden sehen.
Quelle: Sport1.de