Ernüchternd – dieses Gesamturteil fällt mir spontan nach Ansicht der Vorstellung unserer Mannschaft zum Saisonauftakt in Mainz ein. Da fährt man mit den besten Absichten in die Faschingshochburg, um dort die Schmach des Pokal-K.o.s in Dresden zu tilgen, und dann das. . . . 0:2 – das Ergebnis ist angesichts des Spielverlaufs und der Chancenverteilung noch schmeichelhaft für die Werkself.
Nach dem dünnen Auftritt der Mainzer in Rumänien gegen einen sehr limitierten Kontrahenten bin ich davon ausgegangen, dass die jetzt 48 Stunden später mal von uns ein richtiges Brett kriegen. Pustekuchen. Diese Erwartung hat mich aber gewaltig getrogen. Es gibt nach diesen beiden Auftaktpleiten nichts schönzureden. Das Bayer-Team, das viele Experten nicht zuletzt aufgrund seiner Spielfreude und Passsicherheit zu den Mitfavoriten der Saison zählen, trat im gerade eingeweihten Mainzer Stadion weitgehend ohne Plan und System an. Die Automatismen im Spiel miteinander – wie weggeblasen. Die gefürchteten Tempo- und Rhythmuswechsel – keine Spur. Was ist da zwischenzeitlich passiert?
Das genaue Gegenteil stellten die Hausherren auf ihrem nigelnagelneuen Rasen dar. Sie kämpften mit aller Leidenschaft, deren sie nach ihrer strapaziösen und ernüchternden Europapokal-Reise fähig waren, und hielten ihre aggressive Spielweise mit ausgeprägtem Pressing tatsächlich 90 Minuten lang durch. Das hat mir imponiert. Da ziehe ich meinen alten Hut.
Ein treffendes Beispiel für die ausgeprägte Laufbereitschaft der Mainzer bot ihr Treffer zum 0:2. Gewiss, es war ein Eigentor, aber wie sie es praktisch erzwungen haben, mit welchem wilden Nachdruck sie diesen Erfolg wollten, das habe ich bei uns ein einziges Mal gesehen – beim Konter über Schürrle, den Derdyok nicht abschließen konnte.
Ernüchternd – wie gesagt. Und nun? Man kann jetzt sicherlich die eine oder andere Personalie überdenken. Aber bevor das große Lamento über unsere Abwehr hereinbricht, gebe ich zu bedenken, dass wirksame Defensivarbeit im Fußball in der Offensive anzufangen hat. Wer dieses Spiel in Mainz aufmerksam verfolgt hat, dem fiel ins Auge, dass die Spielformation der Jungs in Blau häufig ungewöhnlich langgezogen wirkte. Zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen waren tiefe Lücken zu beobachten, ein Zeichen dafür, dass die Gastmannschaft zuweilen wenig kompakt und entsprechend instabil aufgestellt war.
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