Mein erstes Spiel im Haberland, so hieß das wohl, war das gegen Union Solingen in der letzten Zweitligasaison 1978/79. Irgendein Unioner-Onkel hatte mich mitgenommen, ich war 12 oder 13 und ich wurde keineswegs zum Bayer-Fan, ich war ja ein Blau-Gelber, wir wurden mit 2:0 nach Hause geschickt. Bayer stieg sowieso auf.
Also Liebe erst auf den zweiten Blick, viel später, und auch wieder auf dem Umweg Gästeblock. Hoffenheim hatte nach Aufstieg 2008 bekanntlich bundesweit keine breite Fanbase, ein Freund war an der - halb ironisch gemeinten - Gründung eines lokalen TSG-Fanclubs in einem Hildener Pub beteiligt, der fortan von Kraichgau aus gepimpt wurde, für ein paar Auswärtsspiele wie in in Dortmund (schon Signal IDUNA?) machte ich gute Miene zum bösen Spiel, also zum für "Hopp-Sklaven" üblichen Spießrutenlaufen auswärts und leider auch zum sportlichen Niedergang ab dem Ausfall von Ibišević zur Saisonmitte.
Um den Umweg hier abzukürzen: die TSG-Sache hatte selbst als Ironie immer weniger Reiz, aber ein paarmal fuhr ich noch mit: Stadionatmo, erste Liga, selbsterklärende Gründe.
So auch zu Beginn der neuen Saison: mit Jupp saß da in Leverkusen pötzlich ein alter Held auf der Bank, es war Zeit und die Anreise war kurz. Warum also nicht? Ich ahnte noch nicht, dass etwas Klick machen würde und dass das mit dem Haberland-Nachgeschmack von dreißig Jahren zuvor nicht mehr zusammenpassen würde. Alles war verheißungsvoll, so viel erschien stimmig: die Bedeutung von Kieß war offensichtlich, auf den ersten Blick diesmal, das Stadion schien voller Rheinischer und Bergischer Menschen (und ein paar Griechen), Tonfall, Musik und Temperament schienen vertraut. (Dabei war das, wenn ich mich nicht irre, das Heimdebut in der "neuen" BayArena nach dem Düsseldorfer Exil?).
Jedenfalls: Hoffenheim verlor das Spiel, ich das Interesse am Gästedasein, und heimlich hatte sich der Bayer bei mir festgesetzt. Das war mir noch nicht ganz bewusst, aber als ich ein paar Monate später, in derselben Saison, einen Freund mitnehmen wollte, war die Erinnerung oder die Verheißung noch stark genug, wir fuhren zum 0:0 gegen Werder. Ein schlechtes Spiel und als "so ein 0:0 gegen Werder" schnell sprichwörtlich geworden - aber die Bindung war da und bis zu meiner Dauerkarte sollte es nicht mehr lange dauern, 0:0 gegen Werder hin und her. Dass es Werder sein musste, verstehe ich seit gestern.
Und "wie und warum" man in der Saison damals Bayer-Fan wurde, erklärt sich für nicht erfolgsfanatisch aus der langzeitigen Tabellenführung als vielmehr aus der mythischen Spieleröffnung gegen Eintracht Frankfurt zwei Monate später. Ich hatte meinen Vater überredet, der nie ein Fußballstadion besucht hatte, mit mir im H-Block zu sitzen, erste Reihe hinter dem Tor. Hinter Fährmanns Tor, und von den ersten 11 Minuten dieses Spiels, Fährmanns Albtraum, führt im Grunde eine gerade Linie zu allem, was gestern passiert ist.
Von ein paar Umwegen nachher und falschen Vereinen vorher abgesehen.