Beiträge von BayerJoe

    Hincapie scheint eher der introvertierte Typ zu sein. Wann immer es Spaßvideos oder -bilder von Bayer gibt, ist er eigentlich nie dabei. Nach außen scheint daher die Verbindung zu und Freude bei Bayer vielleicht nicht so tief zu sein, wie bei anderen Spielern (reine Teleanalyse von mir).

    Könnte mir daher vorstellen, daß er bei einem netten Angebot eher geneigt wäre zu wechseln.

    Ich hoffe, ich interpretiere es aber komplett falsch.

    Dann fangen wir doch noch mal von vorn an: Sie haben Bayer Leverkusen frühzeitig mitgeteilt, dass Sie den Verein verlassen wollen. Richtig?

    Fangen wir anders an: Bayer Leverkusen ist nach der Saison auf mich zugekommen, um mir mitzuteilen, dass ich mich entscheiden muss. Weil mein Vertrag im Sommer 2025 ausläuft.

    Und weil Leverkusen keine Ablöse bekäme, wenn Sie den Klub im Sommer 2025 verlassen sollten.

    Ja, ich sollte also entscheiden: Vertrag verlängern oder den Verein verlassen. Das war der Ausgangspunkt. Und dann kam erst mein Part: Ich habe dem Verein mitgeteilt, dass ich meinen Vertrag nicht verlängern werde.

    Können Sie mal erklären, warum Sie sich gegen den Verbleib in Leverkusen entschieden hatten?

    Ich bin seit neun Jahren in Leverkusen, habe hier alle Aufs und Abs erlebt und als Höhepunkt die fantastische vergangene Saison, in der wir fast alles gewonnen haben. Mehr ging nicht. Und deswegen war meine Überlegung: Wenn ich jetzt, mit 28 Jahren, in Leverkusen noch mal verlängere, bedeutet das, dass ich hier bis Anfang, Mitte dreißig spiele …

    … lebenslänglich, sozusagen.

    Sozusagen, ja. Eine Fußballerkarriere ist kurz, und deshalb war es schon immer meine Vorstellung, alles rauszuholen, was möglich ist, alle Erfahrungen mitzunehmen. Ich möchte einfach das Potenzial ausschöpfen, das in meiner Karriere steckt. Und da hatte ich im Sommer eben das Gefühl: Jetzt ist der Moment, um mir mal was Neues anzuschauen – genau jetzt, nach dieser extrem erfolgreichen Saison. Es gab ja auch andere Jahre, da hätte es sich seltsamer für mich angefühlt.

    Wie hat Trainer Xabi Alonso auf die Ankündigung Ihres Abschieds reagiert?

    Ich kann dem Trainer da nur ein riesengroßes Kompliment machen. Der Austausch mit ihm war wirklich offen und respektvoll. Und er hat mir sehr klar seine beiden unterschiedlichen Meinungen mitgeteilt (lacht).

    Seine unterschiedlichen Meinungen?

    Der Trainer Alonso wollte mich nicht verlieren, aber der Ex-Spieler und Mensch Alonso hat durchaus verstanden, wie reizvoll eine neue Herausforderung sein kann.

    Sie waren sich mit dem FC Bayern bereits über einen Vertrag einig und sind wahrscheinlich mit dem Gefühl in den Urlaub gefahren: Die Klubs werden das untereinander schon regeln.

    Was ein Spieler machen kann, das habe ich gemacht: nämlich, meine Wünsche klar und offen zu kommunizieren. Aber an diesem Punkt ist ein Spieler erst mal raus, danach müssen sich die Vereine einigen. Und manchmal wird es dann halt ein bisschen wild, es gibt Gerüchte, Spekulationen – und am Ende leidet darunter der Spieler. Uns Spielern geht es hervorragend, nicht falsch verstehen, aber in so einer Situation ist man als Spieler abhängig und hat keine Kontrolle mehr.

    Man fühlt sich als Spielball?

    In manchen Momenten schon.

    Was zu einer heutzutage oft verwendeten Fragestellung führt: Was macht das mit einem?

    Nach so einer langen und anstrengenden Saison würde man im Urlaub gerne mal der Mensch Jonathan Tah sein, nicht der Fußballer Jonathan Tah. Aber wie gesagt: Es fällt schwer abzuschalten, wenn ständig Wirbel um einen herrscht.

    Um es im Schnelldurchlauf noch mal zusammenzufassen: Es gab zwei Angebote des FC Bayern an Leverkusen, beide wurden abgelehnt. Obwohl die Bayern noch einen Spieler verkaufen konnten, haben sie kein drittes Angebot nachgelegt, angeblich, weil es zuvor eine Deadline der Leverkusener gegeben hatte. Aufsehen erregte auch die Attacke von Bayer-Boss Fernando Carro gegen den Bayern-Boss Max Eberl („ich halte nichts von ihm“), während im Münchner Aufsichtsrat Vorbehalte gegen Ihre Verpflichtung geäußert wurden. Bis am Ende genau das eintrat, was Leverkusen vermeiden wollte: Sie sind bei Bayer geblieben – Ihr Vertrag läuft aber trotzdem im nächsten Sommer aus.

    Es gab auch noch andere Angebote, nicht nur vom FC Bayern, aber es geht mir gar nicht um den Ausgang des Falles. Ich spiele ja gerne in Leverkusen. Doch ich hätte mir halt gewünscht, dass alles so rational abläuft wie möglich, und nicht so viele Emotionen im Spiel sind.

    Was offenkundig nicht gelungen ist. Carro und Eberl sind keine Freunde, Bayern und Bayer sind Rivalen, und in München sind sich die Verantwortlichen selbst nicht ganz einig. Überall Emotionen. Und zuletzt wurde sogar berichtet, Sie hätten sich von Aussagen Ihres eigenen Beraterteams distanziert. Haben Sie die richtige Unterstützung vermisst?

    Das war zum Beispiel so ein Moment, als ich beim Lesen schmunzeln musste. Wie kommt man dazu, so etwas zu behaupten? Meine Berater und ich sitzen im selben Boot, und wir rudern in dieselbe Richtung.

    Sind Sie enttäuscht von Bayer Leverkusen?

    Nein, ich werde bestimmt nicht mit dem Finger auf diesen Klub zeigen, dem ich so viel zu verdanken habe. Und ich weiß auch sehr zu schätzen, dass sie jetzt umgedacht haben. Dass es ihnen aus sportlichen und menschlichen Gründen offenbar doch wichtig ist, dass ich bleibe. Das ist schon auch ein schönes Gefühl.

    Belasten all die Turbulenzen jetzt Ihr letztes Jahr in Leverkusen?

    Das kann ich überhaupt nicht feststellen. Von den Fans höre ich viel Positives, auch aus der Mannschaft hat mich niemand schief angeschaut – auch das weiß ich sehr zu schätzen. Und wenn ich gerade gesagt habe, dass ich mir alles ein bisschen rationaler und weniger emotional gewünscht hätte, dann gilt das ja auch für mich. Ich habe noch einen Vertrag bis 2025, und bis dahin werde ich alles für Leverkusen geben.

    Xabi Alonso dürfte sich freuen, dass Sie geblieben sind …

    Ich hoffe es!

    Einer, der sich auf jeden Fall freut, ist Ihr Nebenmann in der Abwehr, Edmond Tapsoba. Er hat ständig und überall dafür geworben, dass Sie bleiben.

    Oh ja, Edmond ist sehr glücklich – aber ich bin auch sehr froh, dass ich noch ein Jahr mit ihm spielen kann.

    In Leverkusen heißt es, Sie hätten – auch dank Ihrer Französischkenntnisse – viel dazu beigetragen, Tapsoba und andere Spieler ins Team zu integrieren.

    Das war auch für mich spannend zu sehen, wie er aus Portugal zu uns kam (im Januar 2020) und sich hier erst mal orientieren musste. Er war vorher nicht allzu lang in Portugal gewesen, im Grunde ist er aus Afrika gekommen (Tapsoba ist in Burkina Faso geboren, d. Red.) und musste alles noch kennenlernen. Wir hatten von Anfang an diese Connection, er konnte viel von mir lernen, aber ich auch von ihm.

    Er sagt selbst, dass er gelegentlich von Ihnen einen Tritt in den Hintern vertragen kann – weil er gelegentlich diese verträumten Momente hat.

    (lacht) Das stimmt, ich muss ihm manchmal Beine machen. Aber es ist, verglichen mit der Zeit, als er gekommen ist, viel besser geworden. Besonders in der letzten Saison.