Die ersten Spiele nach der Winterpause haben eigentlich keine wirkliche Trendwende gesehen, sondern eine Verschlimmerung. Kein konzeptvolles Offensivspiel, weiterhin wacklige Defensive; das führte dann soweit, dass gegen Dortmund und Barca erste Hälfte das Fußballspiel komplett verweigert wurde - zehn Mann haben verteidigt, vorne stand ein sinnloser Stürmer, und es gab ausschließlich lange Bälle in die Spitze.
Allerdings hat sich das in den letzten 2 Spielen - eigentlich schon seit zweite Hälfte Barca - verändert. Die Abwehr steht etwas sicherer (Topraks Einfluss? Neue Doppelsechs?), im Mittelfeld gibt es wieder etwas Spielkultur (Castro und Augusto sei dank). Man will jetzt, zumal auch die letzten beiden Gegner teilweise katastrophal unterklassig waren, noch nicht die Trendwende beschreiben. Aber es hat sich auf jeden Fall etwas getan.
Ob das jetzt an den zurückgekehrten Spielern liegt, oder doch daran, dass Dutt ein paar Schrauben geschickt verstellt hat - vermutlich ist es beides. Die Rückkehr von Augusto einerseits, die neue Doppelsechs mit Bender/Reinartz sowie Castro im OM und Toprak wieder in der IV andererseits. Es hat sich jedenfalls etwas verbessert.
Nur: die Vergleichsfolie sind halt die absolut katastrophalen Spiele seit der Winterpause - im Vergleich *dazu* ist es *wieder* etwas besser geworden. Daran hat sicherlich der Trainer seinen Anteil, nur: daran, dass es vorher so schlecht war, sicherlich auch.
Ich glaube nach wie vor, dass Dutt immer noch zu freiburgisch spielen lässt. Dass er immer noch tendenziell zu defensiv aufstellt, gegen alles, was irgendwie wirkt als könnte es Gegenwehr leisten - da gibt es dann zwei Viererketten und vorne einen Stoßstürmer, der aber bei uns leider nicht Cisse heißt, weswegen wir gegen die sogenannten Großen diese Saison so gefühlt -2 Punkte geholt haben. Weiterhin ist Dutt nach wie vor vorzuwerfen, dass er in der Kaderplanung im Sommer einige Lücken nicht geschlossen hat. Vor allem in der Abwehr. Mangel an Erfahrung; für einen ehemaligen Freiburgtrainer müssen Spieler wie Toprak und Schwaab ganz tolle Talente sein.
Aber der Trainer entwickelt sich. Erstens und vielleicht wichtigstens in Sachen Außendarstellung - was auch ein Spiegel seiner Mannschaftsführung abseits der Kameras ist. Er wirkt jetzt etwas erfahrener, nicht unbedingt entspannter - aber mit dem nötigen Zynismus ausgestattet. Es gibt nicht mehr jede Woche neue Peinlichkeiten für die Presse; es ist also auch damit zu rechnen, dass er inzwischen auch bei der Mannschaft einen besseren Ton getroffen hat. - Zweitens taktisch. Dieses Fünfermittelfeld funktioniert inzwischen besser - Bender und Reinartz sind eine gut harmonierende Doppelsechs, Augusto und Castro funktionieren gut im OM. Der Trainer hat Rolfes auf die Bank gesetzt; auch ein Schritt. Und offenbar den anderen Spielern die Nummer mit dem stets rochierenden Mittelfeld besser vermittelt. Vielleicht braucht sowas auch bei unseren Profis seine Zeit.
Letztlich darf man auch wohl wirklich nicht vergessen, dass der Trainer mit einer gewissen Personalproblematik zu kämpfen hat. In der Abwehr heißt es nunmal Mangel verwalten. Mit Corluka wurde ein toller Transferdeal gemacht - seit der Mann da ist, funktioniert es hinten besser, und die übrigen Spieler... ja, da kannst du als Trainer halt teilweise auch aufstellen, wen du willst. Im Mittelfeld herrscht Dürre auf den offensiven Positionen; vorwerfen kann man dem Trainer eigentlich nur seine Nibelungentreue zu Schürrle. Einfach mal Bellarabi oder Ortega versuchen. - Im Sturm ist das größte Problem, da kann Dutt momentan nur Kießling aufstellen, und, sorry, der ist in dem System verschenkt.
Insgesamt steht Dutt bei mir persönlich auf einer Note von 3,5-4. Immer noch weit von einem Klassetrainer entfernt, aber auf einem Weg, vielleicht. Ich würde mir wünschen, dass er den Mut hat, noch ein paar Stellschrauben zu verändern - Schürrle mal dauerhaft in die Sturmspitze, Ortega oder Bellarabi ins MF? - und perspektivisch, dass er nächste Saison den Kader besser plant. Aber, ja, momentan würde ich den Trainer nächste Saison hier noch sehen wollen. Denn, und das scheint mir das wichtigste zu sein: ich habe inzwischen das Gefühl, dass er die Mannschaft noch erreicht. Angesichts der katastrophalen Ergebnisse nach der Winterpause war ich mir da schon nicht mehr so sicher.
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So, und das Wort "Ballack" ist in dieser Analyse nicht einmal vorgekommen aber dennoch sei angemerkt: erstaunlich, dass irgendwie seit der Verletzung von Ballack auch von Presseseite mehr Ruhe drin ist. Dafür kann der Michael nun nichts. Aber es ist schon ein Fingerzeig. Ich hoffe, Mannschaft und Trainer können auch ruhig weiterarbeiten, wenn Ballack in 1, 2 Wochen wieder dabei ist.