Vorab: Ich bin nicht der Meinung, dass Rudi Völler zur Zeit gute Arbeit macht, und ich bin auch nicht der Meinung, dass er richtig liegt, wenn er an Roger Schmidt festhält.
Außerdem sind Aussagen, die uns Leverkusener Fans gegenüber den Kölnern herabsetzen, mindestens sehr ungeschickt.
Aber: Es steckt doch ein Kern Wahrheit darin. Auch mich stört die Mentalität vieler Menschen bei uns. Meine Güte, wir erleben eine sportliche Krise, zudem in der "Light"-Version. Kein Abstiegskampf, nur graues Mittelmaß statt Spitzenplatz. Eine Peinlichkeit im Pokal, dafür aber das vorzeitige und letztlich souveräne Erreichen des Champions-League-Achtelfinals. Alles nicht glänzend, noch nicht mal gut, aber eben auch kein Totalversagen.
Und was herrscht rund ums Stadion: Weltuntergangsstimmung. Remis zu Hause gegen Freiburg. Sieht irgendjemand die Leistungssteigerung in der 2. Hälfte? Nein, nur den Elfmeter, den sehen alle. Dreckiger Auswärtssieg in Schalke. Anstatt den Blau-Weißen kräftig den Mittelfinger zu zeigen und sich an deren Hass zu erfreuen, gibt's Stilkritik aus den eigenen Reihen. Heimniederlage gegen Ingolstadt. Ja, grottenschlecht, mutlos, alles. Aber wünscht man sich dann ernsthaft eine Niederlage in Köln? in Köln oder sonstwo? Ich wünsch mir zur Not Schalke, Teil II, grottenschlecht spielen und mit einem unverdienten Dreier irgendwie in die Pause retten und da dann die richtigen Entscheidungen treffen.
An diesen Entscheidungen würde ich Rudi Völler messen, nicht an einem unglücklichen Satz aus der Verärgerung heraus. Aalglatte Rhetoriker gibt's genug, ich find's gut, dass er keiner ist.
Es ist übrigens leicht, irgendwelche Treueschwüre zum Verein auf dem Schal spazieren zu tragen. Wertvoller wäre, auf Platz 9 und Elendsfußball mal mit Leidenschaft auf den Rängen zu reagieren. Und nicht wie beleidigte Restaurantkritiker, wenn das Soufflé mal zusammenfällt.