Das ist doch völlig bescheuert. Wo wird denn die Grenze gezogen in so einem Fall wie beim 3:2? Wenn Amiri der Ball 5-10 Sekunden früher an den Arm geschossen wird, dann läuft das Spiel ganz normal weiter?
Jap. Hier geht es um das Spiel von Hertha gegen Paderborn (Quelle ist auch Collinas Erben):
ZitatAlles anzeigenGerade einmal zehn Minuten waren im Berliner Olympiastadion gespielt, da hatte Javairo Dilrosun in der Partie zwischen Hertha BSC und dem SC Paderborn 07 (2:1) seinen großen Auftritt. Der Mittelfeldspieler der Gastgeber kam in der Mitte der gegnerischen Hälfte kurz vor der Seitenlinie in Ballbesitz, zog unwiderstehlich los, dribbelte vier Gegenspieler aus und düpierte schließlich auch noch den Paderborner Torwart Jannik Huth. Der Treffer des 21-Jährigen zum 1:0 dürfte gute Chancen haben, in die Auswahl zum "Tor des Monats" zu kommen. Aber ging bei seiner Entstehung alles mit rechten Dingen zu?
Dilrosun hatte den Ball aus einem Zweikampf zwischen seinem Mitspieler Marvin Plattenhardt und Mohamed Dräger bekommen, bei dem die Kugel zwischen beiden Spielern hin und her gesprungen und dabei vom Herthaner auch mit der Hand berührt worden war. Da Schiedsrichter Frank Willenborg weiterspielen lassen hatte, stellte sich für den Video-Assistenten Harm Osmers bei der Überprüfung des Tores die Frage, ob das Handspiel strafbar war und er deshalb eingreifen muss. Regeltechnisch hatte er dabei zweierlei zu bedenken.
Zum einen, ob das Handspiel für sich genommen ahndungswürdig war und nachträglich mit einem Freistoß sanktioniert werden muss, weil es während der Angriffsphase der Berliner geschah, an deren Ende das Tor fiel. Plattenhardt hatte seine Arme im Zweikampf mit Dräger jedoch ganz normal bewegt und auch nicht seine Körperfläche unnatürlich verbreitert oder den Ball absichtlich mit der Hand gespielt. Die Kugel war vielmehr vom Körper des Paderborners aus kürzester Distanz an die Hand des Herthaners geprallt. Das sprach gegen ein strafbares Handeln.
Zehn Sekunden können eine lange Zeit sein
Allerdings darf seit dieser Saison ausnahmslos kein Tor mehr anerkannt werden, bei dessen Erzielung oder Vorbereitung in irgendeiner Art und Weise die Hand oder der Arm eines Angreifers im Spiel war. Auch Handspiele, die ohne den Zusammenhang mit der Torerzielung nicht strafbar wären, werden in diesem Kontext geahndet. Wenn also ein Spieler - und sei es noch so unabsichtlich - den Ball mit der Hand spielt und anschließend ein Tor erzielt, einen Treffer vorbereitet oder eine Torchance hat respektive einleitet, muss der Schiedsrichter eingreifen.
Das klingt eindeutig und ist es zumeist auch. Doch diese Schwarz-weiß-Regelung wird dort grau, wo es um die Frage geht, wie eine Torvorbereitung zu definieren ist. Den Statistikern fällt die Antwort leicht: Plattenhardt war als Letzter vor Dilrosun am Ball, also schreiben sie ihm einen Scorerpunkt gut. Regeltechnisch dagegen, so lehrt es der DFB, müssen Zuspiel und Torerfolg unmittelbar zusammenhängen. Das ist beispielsweise dann nicht der Fall, wenn der Weg zum Tor noch sehr weit ist oder zwischen Pass und Schuss viel Zeit vergeht.
Deshalb war es nachvollziehbar, dass der Video-Assistent in Berlin nicht intervenierte. Denn nach Plattenhardts nicht per se strafbarem Zuspiel mit der Hand und Dilrosuns Abschluss vergingen fast zehn Sekunden, in denen der Berliner die Paderborner Hintermannschaft schwindlig spielte. Von einer Torvorlage kann also nicht ernsthaft die Rede sein. Somit war das Handspiel auch unter diesem regeltechnischen Aspekt nicht strafbar und das Tor regelkonform.